Mark Hamill als Luke Skywalker in „Die letzten Jedi“ Foto: LUCASFILM LTD

Luke Skywalker kehrt in die Kinos zurück. Im Dezember startet „Star Wars – Die letzten Jedi“. Ein Gespräch mit dem Darsteller Mark Hamill.

Berlin - Der Name des US-amerikanischen Schauspielers Mark Hamill ist untrennbar mit der Rolle des Luke Skywalker verbunden, der Zentralfigur der klassischen „Star Wars“-Filme „Krieg der Sterne“, „Das Imperium schlägt zurück“ und „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“. An letzteren Film knüpfte 2015 die erfolgreiche Fortsetzung „Das Erwachen der Macht“ an, für die der 66-jährige zu seiner Rolle zurückkehrte. Nun ist Mark Hamill auch in „Star Wars: Die letzten Jedi“ zu erleben. Der Film startet am 14. Dezember in den deutschen Kinos. Ein Gespräch über das Phänomen „Star Wars“ und die überraschend verstorbene Kollegin Carrie Fisher.

Mr. Hamill, im Dezember 1980 sind Sie zur Premiere von „Das Imperium schlägt zurück“ nach Berlin gekommen.
Das stimmt. Damals stand die Mauer noch. Jetzt bereiten wir den Bau unserer eigenen Mauer vor. Ach . . . Sind wir wirklich nicht dazu in der Lage, etwas hinzuzulernen? Wie peinlich! Ich muss mich bei dieser Gelegenheit bei Ihnen entschuldigen. Meine Stimme hat Trump jedenfalls nicht gekriegt.
Die Figur des Luke Skywalker hatte einen großen Einfluss auf Ihr Leben. Können Sie beschreiben, was Sie darin sehen?
Zunächst einmal hätte ich nie erwartet, dass sich diese Sache so lange hält, wie sie es tut. „Star Wars“ ist überaus populär. Damit geht aber auch etwas anderes einher. Ich nahm an, diese Filme würden für mich mit schönen Erinnerungen verbunden bleiben. Aber es hat sich herausgestellt, dass sie niemals von der Bildfläche verschwunden sind. Es ist natürlich schön, mit einer Sache assoziiert zu werden, an der die ganze Familie gemeinsam Spaß haben kann. Das ist eigentlich die größte Befriedigung. Wer „Star Wars“ damals als Kind gesehen hat, geht nun mit seinen eigenen Kindern ins Kino.
Erinnern Sie sich an Ihre erste Lektüre des „Star Wars“-Drehbuchs?
Ja. Es war ein netter, optimistischer, positiver Film. Ich habe darin immer eher ein Märchen gesehen als echte Science Fiction. Als ich das Buch zum ersten Mal las, erinnerte es mich viel stärker an den „Zauberer von Oz“ als an „Forbidden Planet“. Besonders markant war für mich der Humor. Die meisten Science-Fiction-Werke geben sich sehr ernst und trocken. „2001“ ist ein Klassiker, aber der Film ist nicht gerade sehr heiter. Ich las dieses „Star Wars“-Buch und fand es großartig. Roboter stritten sich darüber, wer die Schuld trägt! Sie beklagten sich, wie sehr sie Ausflüge in den Weltraum hassen! Das war von einer sehr aufrichtigen Einfalt. Natürlich gab es auch ernste Aspekte. Aber ich fand das Buch einfach nur saukomisch. Und dieser Humor ist es, den ich an den Filmen besonders schätze.
Haben Sie für die neuen Filme sofort zugesagt?
Als man mich fragte, ob ich wiederkomme, sagte ein Teil von mir: „Ja, schließlich hat es großen Spaß gemacht!“ Der andere Teil war in Schockstarre. Diese Geschichte hatte einen Anfang, einen Mittelteil und ein Ende. Wiedervereinigungen enden regelmäßig mit einer Enttäuschung. Aber wenn ich es nicht noch einmal machen würde, wäre ich der meistgehasste Mann der ganzen Star-Wars-Gemeinde.
Luke Skywalker hat vor vierzig Jahren Ihr Leben verändert. Glauben Sie, dass es jetzt noch einmal eine Wendung erfahren könnte?
Nein. Ich glaube, ich verstehe das Ganze inzwischen. Auch wenn es eine Zeit gedauert hat, es herauszufinden. Ich sage Ihnen ehrlich, dass wir keine Ahnung hatten, was auf uns zukommt. Ich dachte, wir machen diesen spaßigen Film. Ich hätte mir nicht vorstellen können, zu was für einer Supernova sich diese Geschichte entwickelt. Es ist um uns herum passiert, als hätten wir uns im Auge des Hurrikans befunden. Carrie, Harrison und ich haben den Film in Kanada beworben. In der Zwischenzeit lief er in den US-amerikanischen Kinos an. Als wir nach Chicago zurückkehrten, gab es diese große Menschentraube am Flughafen. Ich sagte zu den anderen: „Hey Leute, da muss jemand sehr berühmtes im Flugzeug gewesen sein!“. Wir schauten uns um und erwarteten Mick Jagger oder so jemanden. Dann sagte ich zu Carrie: „Schau mal, das Mädchen ist genauso gekleidet wie Du im Film.“. Plötzlich sah ich auch Luke Skywalker-Kostüme. So etwas hätten wir niemals erwartet. Wir wussten es nicht. Die neuen Schauspieler wie Daisy Ridley oder Oscar Isaac wussten, worauf sie sich einlassen und was passieren kann. Ihr Leben kann sich für immer verändern.
Was für ein Gefühl ist es, eine eigene Actionfigur zu haben?
Mein Sohn Nathan wurde geboren, als wir „Das Imperium schlägt zurück“ gedreht haben. Bei „Die Rückkehr der Jedi-Ritter“ war er ein Kleinkind. Ich habe George Lucas gefragt, ob ich auf die Liste derjenigen gesetzt werden kann, die kostenlos mit Star Wars-Artikeln bemustert werden. Ich dachte an ein T-Shirt oder ein Soundtrack-Album. Ich hatte nicht damit gerechnet, auf elektrischen Zahnbürsten, Unterhosen oder Schlafsäcken abgebildet zu sein. Aber ich liebe all diesen Kram. Ich erinnere mich noch daran, als ich meinem Sohn sagte: „Schau mal, mein Gesicht ist auf einer C-3PO-Cerealien-Verpackung!“. Und er so: „Wie auch immer…“. Es hat ihn nicht interessiert. Aber ich fand es cool.
Lucasfilm hat versprochen, die verstorbene Carrie Fisher nicht via Computer wiederauferstehen zu lassen. Glauben Sie daran? Schließlich haben Sie einmal gesagt, dass Lucas es lieben würde, Filme ohne Schauspieler zu drehen.
(lacht) George gehört zu der Generation von Regisseuren, die wirklich eine Filmhochschule besucht haben. Die Postproduktion macht ihm mehr Freude als die Dreharbeiten. Was Carrie anbelangt, muss ich die Produktion beim Wort nehmen. In „Rogue One“ hat man Peter Cushing wiederbelebt. Das wirft ethische Fragen auf. Man muss die Genehmigung der Hinterbliebenen einholen. Vielleicht gibt es eines Tages eine perfekte Technologie. Heute kriegen sie meines Erachtens den menschlichen Blick noch nicht richtig hin. Ich finde die Entscheidung richtig, Carrie nicht im Computer zu animieren.
Ihr aktueller Luke Skywalker, den man bislang nur kurz sehen konnte, wirkt eher wie ein Erlöser oder ein Messias als ein Jedi . . .
Er ist sicherlich nicht das, was ich erwartet habe. Luke war immer der optimistischste und hoffnungsvollste Charakter. Wobei die neuen Filme in einer Zwickmühle stecken. Auf der einen Seite will man alle Elemente bewahren, die die Menschen mit den Filmen assoziieren: die Action, der Zusammenhalt zwischen den Figuren, den Humor. Aber auf der anderen Seite will man sich auch nicht wiederholen, sondern das Publikum herausfordern. „Das Imperium schlägt zurück“ war deshalb so erfolgreich, weil der Film tiefer ging und eine spirituelle Ebene hatte. Natürlich neigt man dazu, seine Figur zu sehr in Schutz zu nehmen. Aber es ist Rian Johnsons Film. Soll ich eine Art mildtätiger, liebevoller, weiser Mentor sein? Das haben wir mit Obi Wan schon gesehen! Ich möchte kein Obi Wan sein, und ich könnte dem wundervollen Alec Guinness auch nie das Wasser reichen. Die radikale Entscheidung, die man getroffen hat, ist sinnbildlich für den ganzen Film. Er erinnert mich nicht an die anderen, er steht für sich selbst. Er ist episodenhaft und wechselt zwischen vielen verschiedenen Erzählsträngen.
Wie weit gehen Leute, um Ihnen Details der Handlung zu entlocken?
Ihr Journalisten seid alle so clever. Neulich hat mich einer gefragt: „War es schwierig, wieder den Umgang mit dem Lichtschwert zu erlernen?“. Er hätte auch gleich fragen können: „Schwingen Sie wieder das Lichtschwert?“. Auch die Fans sind so enthusiastisch. Ich selbst beschäftige mich nicht jeden Tag mit „Star Wars“. In meinem Haus weist nichts darauf hin, dass ich etwas mit diesen Filmen zu tun habe. Und dann geht man zu so einer Fan Convention, betritt die Bühne, und 2000 Menschen flippen aus. Das Erstaunliche an diesem Projekt sind die Geschichten, die die Menschen darüber teilen. Sie erzählen von schweren Zeiten in ihrem Leben und zitieren Yoda.
Was erzählen Sie den Fans, die Sie bejubeln?
Es gibt eine Aussage, die Sie unbedingt vermeiden sollten, wenn Sie jemals vor 2000 „Star Wars“-Fans stehen, nämlich: „Es ist doch nur ein Film.“ Oh mein Gott! Man hätte denken können, ich hätte den Papst angespuckt! Schreie und Entrüstung! Dabei habe ich nur George Lucas zitiert. Wir hatten früher mal eine Meinungsverschiedenheit bei einer Szene mit dem Todesstern. Und George sagte schließlich: „Komm schon, es ist doch nur ein Film!“ Er hat es verschiedentlich wiederholt und ist damit durchgekommen. Ich nicht. Ich werde es nie wieder sagen. Diese Leute sind so leidenschaftlich.
Wie schwer ist es für Sie, auf Carrie Fisher verzichten zu müssen?
Wie man es auch dreht, man kann dieser Tatsache nichts Tröstliches abgewinnen. Zunächst war ich sehr zornig. Normalerweise war ihr Timing doch immer hervorragend! Sie sollte im neunten Teil ihren ganz großen Auftritt bekommen. Die Nachricht von ihrem Tod war einfach niederschmetternd. Sie ist unersetzlich. Ich kenne Carrie genau. Wenn sie jetzt hier wäre, würde sie mit mir Unfug treiben. Sie hat mich immer zum Lachen gebracht. Als ich mit ihr nach so vielen Jahren wieder zusammentraf, geschah das auf einer sehr vertrauten Basis.
Können Sie das näher beschreiben?
Ich habe mit ihr über eine meiner Lieblingsstellen aus „Huckleberry Finn“ gesprochen. Da glauben die Menschen glauben, Tom und Huck seien tot. Die beiden sehen vom Balkon der Kirche aus ihrem eigenen Trauergottesdienst zu. Wie sich herausstellte, liebte auch Carrie diese Szene. Ich nahm ihr das Versprechen ab, im Falle meines Ablebens meine Beerdigungszeremonie zu sprengen. Sie sollte ruhig unanständige Sachen rufen. Darüber hat sie sehr gelacht und wünschte sich das gleiche von mir.
Und haben Sie das dann gemacht?
Natürlich nicht. Dieses eine Versprechen habe ich gebrochen. Carries Tod verleiht dem Film eine gewisse Melancholie, die er nicht verdient. Hoffentlich werden die Zuschauer trotzdem mitgerissen. Darum geht es doch in „Star Wars“: Triumph und Tragödie, Leben, Tod und Wiedergeburt.