Rainer Haas hängt in der ganzen Region bei Feinstaubalarm die typischen roten Banner auf. Foto: privat

Bei Feinstaubalarm geht es für Rainer Haas rund. Denn der Werbetechniker bestückt im Rems-Murr-Kreis und der ganzen Region die Brücken mit den PVC-Planen, die auf die Alarm-Tage in Stuttgart hinweisen.

Feinstaub - Regenwetter und Wind hat Rainer Haas in der jüngsten Zeit schätzen gelernt. Denn eine Schlechtwetterperiode senkt die Feinstaub-Konzentration in Stuttgart und beschert dem Grafiker und Werbetechniker eine kleine Verschnaufpause von einem anstrengenden Job, den er überwiegend nachts und unter viel Zeitdruck meistern muss: Der 52-Jährige bestückt mit seinem Geschäftspartner Martin Ubeländer rund 70 Brücken im Großraum Stuttgart mit den signalroten Bannern, die auf Feinstaubalarm-Tage in der Landeshauptstadt hinweisen.

Ein echter Knochenjob, bei dem die Banner-Männer im Auftrag des Landesverkehrsministeriums rund 600 Kilometer zurücklegen. In Lorch und Göppingen im Osten der Region befestigen sie die jeweils acht Meter langen und rund 15 Kilo schweren PVC-Planen ebenso an Geländern und Brüstungen wie im Rems- und Murrtal, entlang der Bundesstraße 10 nach Mühläcker, der A 8 nach Pforzheim oder an der B 27 gen Tübingen und Ludwigsburg. 30 Stunden am Stück hat der bislang längste Arbeitseinsatz von Rainer Haas gedauert. Das war im Januar, bei Schneesturm und gefährlich glatten, da noch nicht geräumten Straßen.

24 Stunden Bereitschaft an sieben Tagen

„24-7“, 24 Stunden an sieben Tagen, lautet das Motto für Rainer Haas während der Feinstaubalarm-Saison, die Mitte Oktober beginnt und Mitte April endet. „Ein Urlaub ist gerade nicht drin“, sagt der Stuttgarter, der froh ist, wenn er mal an einem Wochenende frei hat, durchschnaufen und sich seiner Familie widmen kann. Selbst dann schaut er ständig auf die Wetterseiten, um abschätzen zu können, wann womöglich der nächste Einsatz ins Haus steht. Dann heißt es für Haas, Ubeländer und ihr Team entweder aufhängen oder abhängen – je nachdem, ob ein Alarm beginnt oder endet. „Wir müssen ja immer zwei Tage im Voraus denken“, erklärt Haas, „denn wir hängen die Banner so auf, dass ein Brückentag bis zum Alarm dazwischen liegt. Abgehängt wird taggenau zum Ende eines Alarms.“

Liegt der Feinstaubwert an mindestens zwei aufeinander folgenden Tagen über dem gesetzlichen Grenzwert, setzt das eine komplexe Maschinerie in Gang, in der Rainer Haas nur ein – wenn auch ein wichtiges – Rädchen ist. „Gegen 13 Uhr bekomme ich die Meldung. Dann lasse ich alles stehen und liegen“, sagt Haas, der sonst in seiner Werbeagentur überwiegend Broschüren herstellt und den Banner-Job als guten Ausgleich zur Schreibtischarbeit sieht. Denn er ist auch ein begeisterter Bergsteiger und Kletterer.

Mit der Alarmmeldung bekommt Rainer Haas die Daten, wann der Feinstaub-Alarm gilt. Sie schickt er an Martin Ubeländer, der prompt seine Druckmaschine startet, um die rund 1,20 Meter breiten und einen guten halben Meter hohen Datumsaufkleber aus PVC-Plane anzufertigen.

Der Großteil der Banner hängt bis morgens um sechs

Mindestens sechs Stunden dauert es, bis die Druckmaschine ihre Arbeit erledigt hat. Rainer Haas klemmt sich derweil ans Telefon und versucht, auf die Schnelle Helfer zu organisieren. „Das sind überwiegend Messebauer und freischaffende Werbetechniker“, sagt er. Sie seien berufsbedingt viel unterwegs, was das Zusammenstellen eines Teams oft zur Herausforderung mache. Bevor die Truppe ausrücken kann, muss jedes der Banner mit einem der frisch gedruckten Datumsaufkleber versehen werden – bei Zimmertemperatur. „Diese Kleber sind ab fünf Grad Celsius nicht mehr zu verarbeiten“, schildert Rainer Haas das Dilemma. Auch aus diesem Grund würden die Banner nach jedem Alarm abgehängt, sorgfältig zusammengerollt und zurück ins Warme gebracht, wo sie im Alarmfall mit dem aktuellen Datum versehen werden. Am Tag vor Beginn des Alarms hingen 80 Prozent der Banner rechtzeitig für die Berufspendler, also bis sechs Uhr morgens, an Ort und Stelle, sagt Haas. Und zwar faltenfrei: „Da legen wir großen Wert drauf.“