Der Angklagte ist laut Gerichtsurteil schuldunfähig und muss in ein psychiatrisches Krankenhaus. Foto: dpa

Eigentlich sollte sich der Patient im Krankenhaus erholen. Doch der wehrlose 85-Jährige wird Opfer einer Verwechslung. Ein Mann tötet ihn im Bett mit einem Messer. Nun ist der Täter verurteilt worden.

Braunschweig - Er wollte seine Mutter töten, erstach aber einen Fremden: Ein 40 Jahre alter Mann ist wegen des tödlichen Messerangriffs auf einen Patienten im Klinikum Wolfsburg verurteilt worden. Das Landgericht Braunschweig entschied am Mittwoch, dass der unter einer Psychose leidende Mann bei der Tat schuldunfähig gewesen sei und deshalb in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht wird. „Ohne Ihre Krankheit hätte es eine solche Tat nicht gegeben“, sagte der Vorsitzende Richter Ralf Polomski.

In dem Glauben, es handele sich um seine Mutter, hatte der Angreifer im Februar auf den wehrlosen 85 Jahre alten Patienten in seinem Bett eingestochen. Auch Polomski konnte die Tat kaum fassen: „Diese Geschichte taugt eher für einen Horrorfilm als für einen Vorfall mitten in Deutschland“, sagte er am Mittwoch.

Psychische Probleme des Mannes hatten dazu geführt, dass er sich von seinem Umfeld immer stärker bedroht fühlte. Dafür machte er seine Mutter verantwortlich. In ihr sah er den Teufel, der auch seine Seele wolle, hatte ein Gutachter während des Prozesses erklärt.

Mit einem Messer bewaffnet war der Angreifer im Februar in die Klinik gekommen. Seine Mutter lag da schon mehrere Tage auf der Station. Der Sohn hatte sie bei einem Streit zuvor von der Treppe gestoßen und dabei so schwer verletzt, dass sie stationär behandelt werden musste.

Mutter wollte ihren Sohn nicht sehen

Weil die Mutter ihren Sohn aber nicht sehen wollte, schickten ihn die Krankenschwestern immer wieder weg. Zur Sicherheit verlegten sie die Frau anschließend in ein anderes Zimmer. In das leere Zimmer wurde daraufhin das spätere Opfer verlegt.

Als der Sohn erneut auftauchte, ging er in das Zimmer, in dem er seine Mutter vermutete. „Sie haben durchaus erkannt, dass in dem Bett ein älterer Mann lag“, sagte Richter Polomski. „Allerdings glaubten Sie, dass Ihre Mutter in der Lage sei, die äußere Gestalt zu wechseln, um Sie zu täuschen.“ Mit Wucht stach der Sohn dem wehrlosen Mann in den Oberkörper. Anschließend flüchtete er, konnte aber kurze Zeit später festgenommen werden. Erst da fiel auf, dass er am Bauch verletzt war, weil er zuvor versucht hatte, sich selbst zu töten.

Verurteilter schweigsam und teilnahmslos

Während der Richter die Tat im Gericht noch einmal beschrieb, starrte der Verurteilte vor sich auf den Tisch. Auch während des Prozesses schwieg er und wirkte teilnahmslos. Nach der Tat hatte er zu Protokoll gegeben, er wäre lieber tot.

„Was von diesem Fall bleibt, ist der Eindruck einer völlig sinnlosen Tat, einer Tat, bei der es nur Opfer gibt“, sagte der Richter. Niemand habe so recht in den 40-Jährigen hineinblicken können. Nach Aussagen seiner Familie sei er eher ein ängstlicher Charakter.

Der verurteilte Angreifer hat eine Woche lang die Möglichkeit, Einspruch gegen das Urteil einzulegen. Wie lange er in dem psychiatrischen Krankenhaus bleibt, wird nun regelmäßig geprüft.