Die einen bekommen eine neue, farbenfrohe Kirchenmauer, die anderen einen Unterricht der ungewöhnlichen Art. Foto: Dreßler

Kunstunterricht einmal anders: Schüler des Geschwister-Scholl-Gymnasiums haben ihrer Fantasie freien Lauf gelassen und die Kirchenmauer an der Bockelstraße in Heumaden bemalt. Und die Bilder haben durchaus eine Aussage.

Heumaden - Geschäftiges Treiben herrscht an der Bockelstraße vor der Gnadenkirche: Hier pinselt eine Schülerin, dort mischen drei Mädchen Farben an, und manches Mal stehen sich zwei auch im Weg. Seit 8 Uhr an diesem Morgen sind alle beschäftigt. Schülerinnen der achten Klasse des Geschwister-Scholl-Gymnasiums (GSG) haben jüngst die weiße, triste Kirchenmauer bemalt.

Begonnen hat das Projekt mit der Sanierung der Mauer. Die alten Bilder mussten nach zwölf Jahren einer neuen Dämmung weichen. „Viele Gemeindemitglieder waren traurig. Die Bilder haben uns mehr als ein Jahrzehnt begleitet“, sagt Ilse Holzwarth. Sie ist eine pensionierte Lehrerin, die in ihrer Freizeit malt.

Ein Glücksfall fürs Gymnasium

Schnell war klar: Damit die Kirchenmauer nicht weiß bleibt, sollen neue Bilder entstehen. Die Pfarrerin Jutta Seifert hat sich mit dieser Idee an das Gymnasium gewandt und stieß auf Interesse. Annette Hermann ist die betreuende Kunstlehrerin. Sie hat die Schüler von der Ideenfindung bis zu Umsetzung unterstützt.

„Die Bemalung der Kirchenmauer ist ein Glückfall für uns“, sagt Hermann. „Wir haben hier einen idealen Unterricht, denn theoretischer Stoff wird in der Praxis erlernt.“ In Gruppen- oder Einzelarbeit haben die Schüler Skizzen eingereicht und bei einer Vernissage im Mai die besten Entwürfe ausgewählt. Diese wurden an den beiden Projekttagen des Gymnasiums in der vergangenen Woche umgesetzt. „Die Schüler lernen das perspektivische Zeichnen. Das ist Bestandteil des Unterrichts, und sie können ihre Erfolge jeden Tag sehen“, sagt Annette Hermann.

Das Thema hieß „Das Leben in der Gemeinde“. „Es ist erstaunlich, wie kreativ die Entwürfe geworden sind. So sehen wir, wie sich die Jugendlichen das Gemeindeleben vorstellen“, sagt Ilse Holzwarth. Die Bilder beschäftigen sich inhaltlich immer wieder mit der Integration von Außenseitern. „Daraus nehmen wir Anregungen mit“, erklärt Ilse Holzwarth. „Wir werden jetzt versuchen, mehr Leute, die vielleicht das Gefühl haben, dass sie nicht dazu gehören, in das Gemeindeleben einzubeziehen.“ Es sei etwas in Gang gekommen, und es gebe einen Austausch zwischen Alt und Jung oder zwischen Gemeindemitgliedern und Nicht-Mitgliedern. „Das Projekt hat sich zu einem Selbstläufer entwickelt“, sagt die Lehrerin.

Bilder fliegen aus der Kamera

Den Schülern macht das Malen an der frischen Luft Spaß. „Wir haben erst gedacht, dass wir in einem Haus etwas bemalen“, sagt die 13-jährige Babara Thiele. Ihre Klassenkameradinnen und sie malen gerade an einer Kamera, aus der Bilder herausfliegen. „Aber jetzt können es alle sehen, und das ist cool“, ergänzt die 14-jährige Ricarda Kolb. Die Schüler sind stolz auf ihr Werk und freuen sich auf die Reaktionen der Menschen.