Nach dem Schlusspfiff gab es kein Halten mehr für Spieler und Fans. Foto: Getty Images Europe

3:3 nach 0:3 – Trainer Eduardo Berizzo hat den FC Sevilla gegen Jürgen Klopps FC Liverpool mit einer schockierenden Nachricht zu einer unglaublichen Aufholjagd getrieben.

Sevilla/München - Als Guido Pizarro aus einem traurigen Abend doch noch eine „magische Nacht“ gemacht hatte, kannten der Stürmer des FC Sevilla und seine Kollegen nur ein Ziel: ihren Coach, Eduardo Berizzo. Nach Pizarros Tor in der Nachspielzeit zum 3:3 (0:3) gegen den FC Liverpool bildeten die Profis um Pizarro und Johannes Geis eine riesige Jubeltraube mit dem schwer erkrankten Trainer. Ihre „titanische Kraftanstrengung“ (Diario de Sevilla) in einem verrückten Champions-League-Spiel war ein Geschenk an ihn.

„Toto“ Berizzo, das wurde den Stars nach SID-Informationen vor dem Spiel mitgeteilt, ist an Prostatakrebs erkrankt. Der Klub bestätigte die Diagnose am Mittwoch, laut spanischen Medien ist eine Operation in den nächsten 48 Stunden nötig, Assistent Ernesto Marcucci soll bis auf Weiteres einspringen.

Trainer Berizzo gilt als äußerst beliebt

Die Nachricht war ein Schock für die Kicker: Berizzo hat das Amt zwar erst im Sommer übernommen, gilt jedoch als äußerst beliebt. Der frühere Schalker Geis wollte sich auf Anfrage nicht zur Sache äußern, lobte aber den „großartigen Teamspirit“ unter dem Coach.

Berizzo hatte großen Anteil daran, dass bei Liverpool und dessen Teammanager Jürgen Klopp Erinnerungen an die eigene, historische Aufholjagd im Finale von Istanbul 2005 gegen den AC Mailand hoch kamen. Damals hatten die Reds einen 0:3-Pausenrückstand gedreht, diesmal verspielten sie ihn nach Toren von Roberto Firmino (2./30.) und Sadio Mane (22.) noch. Berizzo hatte in der Pause „an den Geist der Mannschaft“ appelliert, wie er später berichtete. „Wir haben darüber gesprochen, unseren Stolz zu zeigen, mit Seele zu spielen. So wurden wir unaufhaltsam“, sagte er. Taktische Maßnahmen Berizzos und zwei Fehler von Liverpools Verteidiger Alberto Moreno taten ihr Übriges, Wissam Ben Yedder (51./60., Foulelfmeter) und Pizarro (90.+3) sorgten für die Wende.

„Er ist der Wichtigste von uns allen“

„Sevilla, ein Herz, das schlägt!“, schrieb AS, Diario de Sevilla berichtete von einer „epischen Nacht, Berizzo gewidmet“, Sevillainfo von einer „magischen Nacht“. Als „unglaublich“ und „denkwürdig“ umschrieb sie der Trainer selbst, „ich kann nur stolz auf meine Spieler sein“. Sie hätten sich für die erste Hälfte „geschämt“, sagte Pizarro – „und dann unsere Eier auf den Tisch gelegt“.

Ever Banega widmete den gefühlten Sieg, der dem Zweiten Sevilla in der Gruppe E mit acht Punkten hinter Liverpool (neun) die Chance auf Platz eins erhält, Berizzo. „Er ist der Wichtigste von uns allen. Er hat uns den Weg gewiesen, wir sterben mit ihm – und er mit uns“, sagte er.

Jürgen Klopp haderte mit „extrafrustrierendem“ Ergebnis

Während Berizzo eine Welle der Sympathie von Liverpool bis zum Stadtrivalen Betis entgegenschlug, haderte Klopp noch mit dem „extrafrustrierenden“ Ergebnis. „Es fühlt sich an, als hätten wir verloren“, sagte er: „Wir haben aufgehört, Fußball zu spielen, sind passiv geworden, haben ihnen die Tür geöffnet und konnten sie nicht mehr schließen.“ Die Reds gaben erstmals seit Mai 2014 (Crystal Palace, 3:3 in der Premier League) ein 3:0 aus der Hand. Zum Abschluss der Gruppenphase am 6. Dezember brauchen sie gegen den Dritten Spartak Moskau (sechs) ein Remis zum Weiterkommen, falls Sevilla beim Letzten Maribor (zwei) gewinnt.