Feinstaub ist für Menschen deutlich weniger gesundheitsgefährdend als mangelnde Bewegung oder hohe Cholesterinwerte, sagt Lungenarzt Dr. Martin Hetzel aus Stuttgart. Foto: Lichtgut/Leif Piechowski

Von Dienstag an gilt in Stuttgart wieder Feinstaubalarm. Laut Lungenarzt Dr. Martin Hetzel stellen die feinen Partikel allerdings keine gesundheitliche Bedrohung dar. Er spricht von der falschen Wortwahl und einer „ungerechtfertigten Beunruhigung“.

Stuttgart - Dr. Martin Hetzel kann die Aufregung um den Feinstaubalarm nicht nachvollziehen. Seit 2005 arbeitet er als Chefarzt der Klinik für Pneumologie am Krankenhaus vom Roten Kreuz in Stuttgart. „Bei uns sind derzeit 113 Betten belegt. Kein Patient ist wegen des Feinstaubs hier“, sagt Hetzel.

Für ihn sei die Diskussion um die gesundheitlichen Risiken der feinen Partikel eine „ungerechtfertigte Beunruhigung der Bevölkerung“. Ein Astmathiker hätte es neben einem Raucher deutlich schlimmer als bei einem Spaziergang am Neckartor, sagt Hetzel

Schadstoffbelastung in Deutschland nimmt ab

Der 54-Jährige verweist auf Daten des Umweltbundesamtes. Demnach ist die Schadstoffbelastung der Feinstaubpartikel mit einem aerodynamischen Durchmesser von 2,5 Mikrometern (PM 2,5) seit 2000 um 46 Prozent reduziert worden. Der Verkehr macht ohnehin nur einen geringen Teil der Feinstaubemissionen aus. Industrie, Landwirtschaft und Haushalte sind dagegen für mehr als die Hälfte der Schadstoffe veranwortlich.

Mangelnde Bewegung birgt größeres Risiko

41.100 Menschen sind laut Umweltbundesamt 2014 an durch Feinstaub verursachte Erkrankungen gestorben, 2007 waren es noch fast 10.000 mehr. Hetzel aber betont, dass es „keinen direkten Zusammenhang zwischen Feinstaub und einer erhöhten Sterberate gibt“. Hohe Cholesterinwerte, Bluthochdruck und mangelnden Bewegung seien deutlich gesundheitsschädlicher. Für Menschen mit chronischen Atemwegsentzündungen sei die Belastung aber sicherlich nicht zuträglich. Er betont, dass weiterhin alle Anstrengungen unternommen werden sollten, um die Schadstoffbelastung der Atemluft zu reduzieren.

Falsche Wortwahl

Das Wort „Feinstaubalarm“ hält der Mediziner für irreführend. Bei einem Feueralarm wüssten alle: es brennt, es ist gefährlich. Das sei beim Feinstaubalarm nicht der Fall. Ein „Feinstaubsignal“ wäre seiner Meinung nach die bessere Wortwahl. Zudem sei der Grenzwert von 50 Mikrogramm pro Kubikmeter von der Politik „möglicherweise zu optimistisch“ gesetzt worden.

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