Pfarrer Häußler (links) und David Gigauri vor der Lukaskirche Foto: Emanuel Hege

David Gigauri hat für die Lukaskirchen-Gemeinde in Stuttgart-Ost ein ganz besonderes Konzert gespielt. Der Schüler des Wirtemberg-Gymnasiums nutzte die Kirchenglocken als sein Instrument.

S-Ost - Der Neujahrsempfang der Lukaskirche, zu dem die haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiter eingeladen werden, ist Tradition. Doch in diesem Jahr gab es einen besonderen Programmpunkt. Während sich die 65 Helfer nach der Dankesrede von Pfarrer Gerd Häußler im Gemeindezentrum erheben, eilt ein junger Mann zu dem neugotischen Gotteshaus. David Gigauri hat an diesem Samstag ein Konzert der Kirchturmglocken komponiert.

Der Hof vor dem Kirchturm füllt sich, und dann wird es laut. 20 Minuten bestaunen die Gemeindemitglieder, wie David die fünf Glocken des Kirchturms in verschiedenen Motiven abspielt. Auch auf der Straße bleiben einige Leute stehen und schauen zum Kirchturm.

Das Geläut der Lukaskirche ist eine Seltenheit

„David kam auf unsere Gemeinde zu, und wir dachten, das Konzert würde gut zu unserem Neujahresempfang passen“, sagt Häußler, dessen Kirchturm mit fünf Glocken bestückt ist, von denen zwei bereits vor Kriegsende entstanden sind. Da viele Kirchenglocken während und nach dem Zweiten Weltkrieg eingeschmolzen worden sind, ist das Geläut der Lukaskirche eine Seltenheit. „Ich bin auf die Besonderheit der Glocken der Lukaskirche durch die Ausstellung Muse-O in Gablenberg aufmerksam geworden“, erklärt der 18-jährige Untertürkheimer. Daraufhin hat er sich mit Pfarrer Häußler in Verbindung gesetzt.

David ist kein Freund der Musikpraxis; außer Kirchenglocken spielt er kein Instrument. Die Musiktheorie gefällt ihm besser. „Mir macht es Spaß, Kombinationen für verschiedene Kirchen zu erstellen“, sagt David, der nicht erklären kann, woher er diese Passion hat: „Ich bin zwischen zwei Kirchen aufgewachsen; daran wird es wohl liegen.“

Es gibt zwei Arten, mit denen man Töne durch Kirchenglocken erzeugen kann: Bei der ersten Art geht es um die akustische Vermittlung der Uhrzeit. Sie entsteht durch mechanische Hammerschläge auf die Glocke. David nutzt für seine Konzerte die zweite Spielmöglichkeit: das Schwingen. Dabei entsteht der Ton durch den Klöppel, der im Inneren der Glocke hängt. Ausgelöst wird das Schwingen durch eine Läutemaschine, die aus der Sakristei gesteuert wird. Die Tasten sehen aus wie die Schalter eines Sicherungskastens; daneben hängt die Läuteordnung, eine Art Notenheft für die Bedienung bei unterschiedlichen Anlässen. Diese wurde in der Lukaskirche seit 1953 nicht geändert. Durch eine bestimmte Kombination der Tasten erzeugt David seine Melodie. Je nach Durchmesser und Gewicht der Glocke, wird eine spezielle Tonlage erzeugt. So spielte David für die Gemeinde der Lukaskirche drei- und vierstimmige Motive sowie ein Vollgeläut, bestehend aus allen fünf Glocken.

Zwischen 228 Kilogramm und 1,5 Tonnen schwer

„Musikalisch und physikalisch ist der Klang von Glocken sehr schwer zu erklären, das macht sie so besonders“, sagt David. Man merkt, dass er wirklich alles über Glocken weiß. Nach seinem Auftritt unterhält sich David mit den Gemeindemitgliedern und Interessierten über Töne, Motive und Glockenarten.

Das Konzert mit den fünf Glocken der Lukaskirche, die zwischen 228 Kilogramm und 1,5 Tonnen schwer sind, war Davids drittes Konzert, nachdem er bereits in Ober- und Untertürkheim für die Gemeinden eine Kombination erarbeitet hatte. In drei Monaten macht David Abitur am Wirtemberg-Gymnasium. Was er danach macht, weiß er noch nicht. Der Beruf des Mesners steht jedoch nicht zur Debatte: „Als Mesner würde ich lieber nebenher arbeiten.“ Auch in Zukunft will David die Kirchtürme Stuttgarts erkunden und das Potenzial der Kirchenglocken ausnutzen.