Folkmar Schiek vor dem Tor des Luftschutzbunkers an der Haeberlinstraße. Foto: Sandra Hintermayr

Der Verein Historisches Vaihingen möchte die Geschichte der Luftschutzbunker im Stadtbezirk aufarbeiten und sucht Zeitzeugen, Dokumente und Bildmaterial.

Vaihingen - In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1942 schrillen die Sirenen in Vaihingen. Fliegeralarm. Die Alliierten fliegen Luftangriffe auf Stuttgart. Bomben, die eigentlich das Zentrum treffen sollen, gehen auf den Fildern nieder. Wegen Nebels über dem Talkessel werfen die Soldaten ihre Tod und Zerstörung bringende Fracht über den Bezirken im Süden Stuttgarts ab. Wer einen sicheren Keller hat, flüchtet dorthin, denn großräumige Luftschutzbunker gibt es noch nicht. Sie werden erst nach dem ersten Angriff auf Vaihingen gebaut. Einer davon ist der Stollen unter dem Fanny-Leicht-Park.

„Der Bunker ist sehr weitläufig, mit mehreren Eingängen“, erläutert Folkmar Schiek, der Vorsitzende des Vereins Historisches Vaihingen. Einer davon liegt an der Haeberlinstraße. Die schwere Tür und das vergitterte Tor stehen noch immer. Wie es dahinter aussieht, weiß Schiek nicht genau. „Zeitzeugen berichten, der Eingang sei zugeschüttet worden“, sagt er. Schiek hat die Hoffnung, dass die Gänge und Räume dahinter noch intakt sind und versucht derzeit herauszufinden, wer die Bunkeranlage verwaltet. „Es wäre schön, der Öffentlichkeit Zugang zum Bunker verschaffen zu können, vielleicht Führungen anbieten zu können“, sagt der Vereinsvorsitzende.

Zuflucht in den Kellern der Brauerei Schwabenbräu

Eine ältere Dame hat Schiek erzählt, dass sie als Kind nach dem ersten Luftangriff 1942 beim Bau des Bunkers unter dem Fanny-Leicht-Park mitgeholfen hat. „Erwachsene mussten 55 Stunden Zeit beim Bau ableisten, die Kinder mussten helfen, den ausgehobenen Bauschutt aus dem Bunker über Schienen hinauszubringen“, schildert Schiek die Erzählungen der Zeitzeugin.

Ein weiterer Bunker wurde an der Paradiesstraße angelegt. Lediglich die Treppen auf Höhe der Betzweilerstraße sind davon noch zu sehen, sie haben früher zum Eingang geführt. „Der Bunker ist vermutlich komplett zugeschüttet worden“, sagt Schiek. Auch die Lagerkeller der Brauerei von Robert Leicht, der späteren Brauerei Schwabenbräu, seien im weiteren Verlauf des Krieges als Schutzräume genutzt worden, erzählt Schiek. Wer einen tiefen Keller hatte, war verpflichtet, seine Türen offen zu lassen, damit im Falle eines Luftangriffs die Nachbarn Zuflucht finden konnten, die keinen Keller hatten und für die der Weg zu den nächsten Luftschutzbunkern zu weit war. „Es gab drei akustische Signale bei Luftangriffen“, erläutert Schiek. „Eine Vorwarnung, bei der sich die Bevölkerung bereit machte, um im Falle der Bestätigung, der zweiten Warnung, in die Bunker zu flüchten. Ein drittes Signal bedeutete dann das Ende des Angriffs.“ Später habe es dann nur noch ein Signal gegeben, die Hauptwarnung, denn die Angriffe wurden fortwährend geflogen.

Der Verein sucht weitere Zeitzeugen

Zwar hat Folkmar Schiek mit zwei Zeitzeugen über die damalige Zeit gesprochen, doch die Informationen über die Luftschutzbunker sind spärlich. „Viele der Menschen, die die Zeit damals miterlebt haben, wollen nicht darüber sprechen“, sagt Schiek. Zudem seien die Erinnerungen zumeist aus der frühen Kindheit und wenig detailliert. „Es gibt leider immer weniger Bürger, die diese Zeit bezeugen können. Was wir heute nicht erfragen und erfahren, kriegen wir bald nicht mehr aus erster Hand“, sagt Schiek.

Der Vereinsvorsitzende hofft auf mehr Informationen von Zeitzeugen etwa zum Bau der Bunkeranlagen und zu den Zuständen darin, um das bisher bekannte Bild zu präzisieren. Neben mündlichen Berichten wären dabei auch Zeichnungen oder Fotografien von Vorteil, aber die scheinen rar zu sein. „Es wäre schön, wenn wir noch mehr Details bekommen würden, damit wir die Situation damals nachempfinden können“, sagt Schiek.

Kontakt Wer Informationen und Bildmaterial zu den Vaihinger Luftschutzbunkern hat, kann sich an den Verein Historisches Vaihingen wenden. Die Adresse lautet Schießmauerstraße 8, Telefon 78 28 56 60, E-Mail post@historisches-vaihingen.de.