Dicke Luft an der Themse: Die Schadstoffbelastung in einigen Straßen Londons ist so hoch wie nirgendwo sonst in Europa. Foto: AP

Die britische Regierung hat angekündigt, ab dem Jahr 2040 den Verkauf neuer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren zu verbieten. Die Justiz macht wegen der katastrophalen Luftverschmutzung in London seit langem Druck.

London - Der Druck für einen grundlegenden Umbau der Autoindustrie in Europa nimmt zu: Ab 2040 werde Großbritannien den Verkauf neuer Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren verbieten, sagte Umweltminister Michael Gove am Mittwoch. Mit diesem Plan, erklärte Gove, wolle man der Automobilindustrie und den Autofahrern im Lande „die Richtung weisen“. Ein Schritt wie dieser sei unerlässlich, sagte Gove, um die Qualität der Luft in Großbritannien zu verbessern, aber auch um das Pariser Klimaschutz-Abkommen erfüllen zu können. Das Stichjahr 2040 hatte vor Kurzem schon der französische Staatspräsident Emmanuel Macron als Datum für ein entsprechendes Verbot in seinem Land genannt.

Für die auf Benziner und vor allem auf Diesel fixierten britischen Autofahrer erfordert der Übergang ein grundlegendes Umdenken. Bisher verfügt nur einer von 200 verkauften Wagen in Großbritannien über einen Elektro- oder Hybridmotor. An weniger als 4000 Stellen im Lande lassen sich Wagen elektrisch aufladen. Und für einen echten Ansturm ist das Stromnetz nicht gerüstet. Schon ein plötzlicher, gleichzeitiger Bedarf an bestimmten Punkten des Landes könne zu Stromausfall führen, warnen Experten der Branche.

Umweltschützern dauert es zu lange

Britischen Umweltschutz-Organisationen kann es dagegen nicht schnell genug gehen. Fast ein Vierteljahrhundert auf das Benziner-Verkaufsverbot zu warten hält die Lobbygruppe Client Earth für einen Skandal. „Dringende Maßnahmen“ seien nötig, um den schon jetzt katastrophalen Luftverhältnissen in britischen Städten beizukommen. Auch Greenpeace verweist darauf, dass britische Gerichte von der Regierung eine Lösung „in kürzestmöglicher Zeit“ verlangt haben. Stattdessen geschehe nun erst einmal nichts. Auch Londons Bürgermeister Sadiq Khan sagte, ein „halbherziges Versprechen“ sei „nicht gut genug“: „All die Londoner, die jetzt leiden, können nicht warten bis 2040.“

Jüngsten Datensammlungen zufolge verfügen gewisse Straßen Londons und anderer britischer Städte in der Tat über die schlimmste Luftverschmutzung in Europa. Der britische Ärzteverband, das Royal College of Physicians, ist in einem Bericht zu dem Schluss gekommen, dass rund 40 000 Todesfälle im Königreich auf die Luftverschmutzung zurückgehen. Die EU drängt schon lange auf Maßnahmen. Und der High Court in London hat von der Regierung ultimativ einen Plan zur raschen Verbesserung der Luftqualität gefordert.

Entschädigung für Diesel-Verschrottung?

Zu dem Plan gehört nun, laut Minister Gove, die strategische Umstellung auf Elektroautos. Kurzfristige Maßnahmen will die Regierung hingegen einzelnen Gemeinden überlassen. Diese können von besserer Ampelschaltung und dem Bau von mehr Radwegen bis zur Erhebung von Gebühren fürs Befahren bestimmter Bezirke reichen. Die Einrichtung solcher spezieller „Zonen für saubere Luft“ soll aber nur „ein letztes Mittel“ sein.

„Bestrafen“ will man die Fahrer von Dieselwagen jedenfalls nicht dafür, das sie vor wenigen Jahren noch dem Rat der letzten beiden Labour-Regierungen folgten und sich Dieselfahrzeuge kauften. Stattdessen soll diskutiert werden, ob Dieselfahrer für die Verschrottung ihrer Wagen finanziell entschädigt werden sollen. Noch immer sind fast die Hälfte aller Neuwagen in Großbritannien Dieselfahrzeuge. In London produzieren dieselbetriebene Busse, Taxis und Lieferwagen Unmengen von Stickoxid.