Feinstaubalarm am 18. Januar 2016: Aufforderungen zum Umsteigen werden auch in den bevorstehenden Herbst- und Wintermonaten wieder kommen. Foto: dpa

Mindestens der jetzt bevorstehende Feinstaubalarm in Stuttgart wird noch einmal ein Appell an die Autofahrer zum freiwilligen Umsteigen sein. Die Kammern von Handwerk sowie Industrie und Handel warnen trotzdem bereits vor verbindlichen Fahrverboten.

Stuttgart - Die nächste Saison beim Feinstaubalarm in Stuttgart naht – die Furcht vor möglichen Verkehrsbeschränkungen für die Luftreinhaltung in Stuttgart nimmt zu. Die Handwerkskammer sowie die Industrie- und Handelskammer (IHK) Region Stuttgart haben sich jetzt gemeinsam „gegen Fahrverbote“ im Fall von Überschreitungen der Schadstoffgrenzwerte gewandt. Zugleich warf die IHK der Stuttgarter Stadtverwaltung mangelnde Bemühungen um einen umweltfreundlicheren Lieferverkehr in Stuttgart vor.

Fahrverbote seien „weder geeignet noch angemessen“, meinen die Verantwortlichen der Kammern vor dem Hintergrund des nahenden Feinstaubalarms und der Debatte über dauerhafte Regelungen zur Luftreinhaltung. Die wirtschaftlichen Folgen von Fahrverboten für Unternehmen wären gravierend, wenn Mitarbeiter ihre Arbeitsplätze nicht alternativ mit dem öffentlichen Nahverkehr erreichen könnten, heißt es in einer Pressemitteilung der Kammern. Deren Präsidenten Rainer Reichhold (Handwerk) und Georg Fichtner (Industrie und Handel) erklärten zudem die „vitalen Versorgungsbelange der in der Stadt ansässigen Unternehmen und deren Kunden“ für bedroht.

IHK sieht mehr Möglichkeiten für emissionsarmen Lieferverkehr

Supermärkte und Geschäfte müssten mit Lebensmitteln und Waren beliefert werden, Post und Pakete zugestellt werden. Unternehmens- und haushaltsnahe Dienst- und Handwerkerleistungen müssten auch bei überschrittenen Grenzwerten zuverlässig und schnell erbracht werden. „Sollten die Verantwortlichen generelle Fahrverbote zur Minderung der Schadstoffsituation erlassen, wären umfassende Ausnahmen für den Wirtschaftsverkehr eigentlich nicht zu vermeiden“, heißt es in der Mitteilung. Die IHK erinnerte daran, dass sie schon 2012 eine exakt auf die Stuttgarter Verhältnisse zugeschnittene Studie zur Verbesserung des innerstädtischen Lieferverkehrs vorgestellt habe. Deren Ziele: die Abläufe verbessern, Fahrleistungen sowie Schadstoffausstoß im Lieferverkehr verringern. „Leider geht die Stadt erst jetzt, mehr als vier Jahre später, wenigstens ein kleines Pilotprojekt zur emissionsarmen Belieferung auf der sogenannten letzten Meile an“, kritisierte Fichtner. Der Katalog möglicher Maßnahmen sei aber deutlich umfassender und hätte früher umgesetzt werden können.

Reichhold warnte davor, den Unternehmen den Einsatz von Dieselfahrzeugen der Euro-5-Norm zu verbieten. Fast die Hälfte der Fahrzeuge der Handwerksbetriebe gehörten zu dieser Klasse. Die Unternehmen hätten das Geld dafür im festen Glauben investiert, Fahrzeuge des neuesten technischen Standards zu erwerben, die sie viele Jahre nutzen könnten. Dies müsse weiter gelten, zumal die Handwerker auch nur wenig Fahrzeugangebote aus der Euro-6-Klasse vorfänden. So erkläre es sich, dass bisher nur sieben Prozent der Fahrzeuge im Handwerk Euro-6-Standard hätten.

Zwangsmaßnahmen drohen ab 2018

Die Kammerpräsidenten machen also mobil, verbindliche Fahrverbote sind aber nach bisherigen Ankündigungen von OB Fritz Kuhn und Landesverkehrsminister Winfried Hermann (beide Grüne) zumindest in der jetzt beginnenden Feinstaubsaison zwischen Mitte Oktober und Mitte April 2017 gar nicht zu erwarten. Sie sollen nur notfalls eingeführt werden, wenn bei drohenden Überschreitungen der Schadstoffgrenzwerte nicht genügend Autofahrer freiwillig auf den Wagen verzichten und nicht genügend Einwohner aufs Heizen mit Komfortkaminöfen. Verbindlich wird der Feinstaubalarm frühestens 2018.