Mit dieser Messstation werden am Neckartor in Stuttgart Feinstaubwerte gemessen Foto: dpa

Nach den Berechnungen des Verband der Automobilindustrie (VDA) beträgt der Anteil der Dieselfahrzeuge mit Euro-6-Norm bis 2020 bundesweit erst 50 Prozent. Als eine Maßnahme zu mehr Luftreinhaltung empfiehlt der VDA die grüne Welle in Städten.

Stuttgart - In der Debatte um die Luftqualität und die zu Wochenbeginn beschlossenen Maßnahmen von Stadt und Land zur Luftreinhaltung hat sich der Verband der Automobilindustrie (VDA) aus Berlin zu Wort gemeldet.

In einem „Argumentationspapier“ schlägt der VDA drei „besonders wirksame Maßnahmen“ vor: Grüne Welle auf Hauptstraßen, intelligente Verkehrsführung und Vernetzung sowie den Einsatz umweltfreundlicherer Taxis und Busse. „In der Stadt führen sehr niedrige Geschwindigkeiten, das Anfahren und Beschleunigen zu einem deutlich höheren Ausstoß von Stickoxiden als fließender Verkehr“, heißt es in dem Papier. „Deshalb bringen schon einfache Maßnahmen wie die grüne Welle und gleichmäßiger Verkehrsfluss eine Reduktion um fast ein Drittel.“ Vor allem während der Stoßzeiten könnte das optimiert werden.

In Stuttgart sieht man sich bereits auf einem guten Weg. Sven Matis, Sprecher der Stadtverwaltung, sagte auf Anfrage: „Für jede der 800 Ampeln regeln verschiedene Programme die Grünphasen – über den Tag verteilt und entsprechend dem Verkehrsaufkommen.“ Bei besonderen Verkehrslagen (etwa bei Unfällen, Baustellen oder Großveranstaltungen) könne die integrierte Verkehrsleitzentrale „von Hand“ eingreifen.

Grün für Busse auf Anforderung

Matis weist darauf hin, dass mehr als die Hälfte aller Ampeln technisch so ausgestattet seien, dass die Busse an den Ampeln automatisch „Grün“ anfordern und damit bevorzugt die Kreuzung passieren könnten. „In der Innenstadt ist das sogar bei mehr als drei Viertel der Ampeln der Fall.“ Er betont außerdem: „Wir streben gerade auf der Bundesstraße 14, zwischen Bad Cannstatt und dem Heslacher Tunnel, einen besseren Verkehrsfluss an, um die Schadstoff- und Lärmbelastung zu senken.“ Dem dienten die am Neckartor aufgestellten dynamische Schilder mit Geschwindigkeitsempfehlungen für die grüne Welle. Von Herbst an würden auch auf Höhe der Leonhardskirche die Ampeln entsprechend programmiert – eine Maßnahme, um den Stop-and-go-Verkehr zu verringern. Je nach Verkehrs- und Schadstofflage könne dort Tempo 40 oder 50 verbindlich vorgegeben werden.

Skeptisch äußerte sich der VDA zu den am Montag vorgelegten Prognosen, wonach „ab dem Jahr 2019 voraussichtlich 80 Prozent der Pkw in Stuttgart die Prüfanforderungen (Euro-6-Norm bei Diesel bzw. Euro-3-Norm bei Benzinern) erfüllen“, wie es in dem Maßnahmenpaket zur Luftreinhaltung heißt. Ist diese Marke erreicht, soll die blaue Plakette eingeführt werden – für die der Bund allerdings erst noch die rechtlichen Voraussetzungen schaffen muss.

Der Verband geht davon aus, dass diese Marke vermutlich nicht vor 2020 erreicht wird – auch wenn, wie geplant, alle Benziner mit Euro-3-Norm (Stichtag 1. Januar 2001) die blaue Plakette erhalten und der Anteil der Dieselfahrzeugen bei den Neuzulassungen kontinuierlich steigt. Ähnlich hatte sich Oberbürgermeister Fritz Kuhn (Grüne) am Dienstag im Verwaltungsausschuss geäußert.

Laut VDA betrug der Anteil von Diesel-Pkw am gesamten Pkw-Bestand in Deutschland zu Jahresbeginn 31,2 Prozent – das waren 13,9 Millionen der 44,4 Millionen Fahrzeuge. Drei Prozent (435 500) der Diesel-Autos waren Euro-6-Fahrzeuge. Den Berechnungen zufolge wird sich ihr Anteil an allen zugelassenen Diesel-Fahrzeugen bis 2020 auf 50 Prozent erhöhen, da die Euro-6-Norm bei Neuzulassungen von September dieses Jahres an verbindlich ist. Der Anteil der Fahrzeuge mit Diesel-6-Norm bzw. mit Euro-3-Norm werde Anfang 2019 erst rund 70 Prozent betragen, prognostiziert der Verband. Diese Aussage bezieht sich jedoch auf die Entwicklung im Bundesdurchschnitt. In Stuttgart betrug der Anteil der Diesel-Autos mit Euro-6-Norm am 1. Januar 2015 bereits 8,4 Prozent (104 968 Fahrzeuge). In der Region waren es fünf Prozent.