Auch Lufthansa führt einen Billigtarif nur mit Handgepäck ein – und folgt damit dem Trend zu einem abgestuften Preissystem Foto: dpa

Die Lufthansa dreht an der Preisschraube. Nach dem Vorbild der Billigflieger will sie sich zusätzliche Leistungen extra bezahlen lassen. Für die Passagiere wird das nicht immer billiger. Wir haben die Preise verglichen.

Baukastenprinzip

Flugreisende, die künftig von Frankfurt und München deutsche und europäische Ziele anfliegen, müssen bei den Preisen noch genauer hinschauen. Für Flüge ab ihren beiden Drehkreuzen in Deutschland gilt bei Lufthansa von Dienstag an ein neues Preiskonzept für Reisen, die ab dem 1. Oktober angetreten werden. Dadurch sinkt der Einstiegspreis um zehn auf 89 Euro für Hin- und Rückflug, heißt es bei der Lufthansa. Absofort bietet die Airline in der größten Tarifreform seit Jahrzehnten die Tarifoptionen „Light“, „Classic“ und „Flex“ an. Danach soll der Kunde nur noch für die Leistung zahlen, die er tatsächlich in Anspruch nimmt. Lufthansa nähert sich damit den Preiskonzepten der Billigflieger, etwa von Easyjet oder Ryanair. Dort sind die Gebühren mittlerweile zum Teil nur schwer zu durchschauen.

„In Zukunft kann jeder Passagier eine Flugreise aus verschiedenen Leistungen individuell zusammenstellen. Warum soll er einen Einheitstarif zahlen?“, sagt Lufthansa-Passage-Vorstand Jens Bischof. Wer keinen Koffer aufgibt oder auf eine Sitzplatzreservierung verzichtet, zahlt demnach weniger. Generell, sagt Bischof, sei das Konzept auch für die Langstrecke vorstellbar. Konkrete Pläne gibt es aber offenbar nicht.

Auch wenn man sich Ryanair oder Easyjet annähert, sieht man bei Lufthansa noch einen erheblichen Unterschied, der sich auch auf den günstigsten Tarif „Light“ bezieht: Snacks und Getränke an Bord sind frei. Ansonsten aber folgt Lufthansa (ebenso wie die Konzerntöchter Swiss, Austrian und Brussels Airline) im Prinzip dem Preismodell, das schon lange beim eigenen Billig-Ableger Germanwings gilt, der seit gut einem Jahr für Lufthansa alle innerdeutschen und innereuropäischen Ziele anfliegt, die nicht von Frankfurt und München bedient werden. Auch bei Germanwings gibt es mit „Basic“, „Smart“ und „Best“ drei Tarifoptionen. Hier ein Überblick, was die neuen Tarife kosten und bieten, sowie ein Preisvergleich mit der Konkurrenz.

Lufthansa

In der neuen Struktur von Lufthansa sind beim Light-Tarif neben Snacks und Getränken nur ein Handgepäck-Stück mit acht Kilo inbegriffen. Der Check-in sowohl im Internet als auch am Flughafen ist kostenfrei. Ein Gepäckstück, das aufgegeben wird, kostet bei Buchung im Internet für Hin- und Rückflug 15 Euro, am Flughafen 30 und am Gate sogar 45 Euro. Die Sitzplatzreservierung kostet pro Strecke zehn Euro. Light-Tickets können nicht umgebucht werden. Mit einem Einstiegspreis von 89 Euro für Hin- und Rückflug ist das Ticket zehn Euro billiger als der bislang günstigste Preis.

Der Classic-Tarif ist mit 129 Euro Einstiegspreis deutlich teurer als das bislang günstigste Ticket. Er enthält ein Gepäckstück frei, ebenso die Sitzplatzbuchung, zudem kann der Flug gegen eine Zahlung von 65 Euro umgebucht werden, der Flex-Tarif (ab 189 Euro) bietet zusätzlich einen Prämienmeilen-Bonus von 50 Prozent.

Wie bislang auch gibt es den Business-Tarif (ab 399 Euro) mit erhöhter Gepäck-Freimenge und freiem Nebensitz. Mit ihm darf man zwei Gepäckstücke aufgeben, die Lounges nutzen, bekommt eine richtige Mahlzeit und einen freien Platz neben sich sowie weitere Annehmlichkeiten. Neu ist die Möglichkeit, ausnahmslos jedes Business-Ticket kostenlos umzubuchen oder zu stornieren.

Betroffen von der Neuerung sind wöchentlich rund 7000 Flüge ab und nach Frankfurt und München. „Bereits heute fliegt ein Drittel unserer Passagiere innerhalb Europas nur mit Handgepäck“, sagt Bischof, der die Lufthansa auf dem richtigen Weg sieht. Freilich: Dass es immer günstiger ist als vorher, stimmt nicht ganz. Denn mitunter hat Lufthansa bislang innereuropäische Hin- und Rückflüge für 99 Euro angeboten – mit freiem Gepäcktransport.

Germanwings

Sehr nahe kommt das Lufthansa-Konzept dem von Germanwings. Dort kostet ein Gepäckstück im günstigsten Tarif 15 Euro pro Strecke, die Sitzplatzreservierung zwischen acht und zwölf Euro, Getränke an Bord ab 2,50 Euro, Snacks ab sechs Euro. Kostenfrei sind generell der Check-in sowohl im Internet als auch am Flughafen und ein Handgepäck mit bis zu acht Kilo.

Air Berlin

Auch bei Air Berlin muss bei innerdeutschen und innereuropäischen Flügen nur im günstigen Tarif („Just Fly“) für aufzugebendes Gepäck bezahlt werden: Der Preis variiert zwischen 15 und 30 Euro pro Strecke. Die Sitzplatzreservierung schlägt mit 9,99 Euro zu Buche. Nur für Familien mit Kindern bis zwei Jahre ist sie im günstigsten Tarif frei. Generell werden an Bord Kaffee, Tee, alkoholfreie Getränke und ein Sandwich kostenfrei gereicht. Ein Handgepäck mit bis zu acht Kilo ist frei.

Easyjet

Bei Easyjet kostet die Verpflegung an Bord: ein Kaffee etwa drei, ein Sandwich fünf Euro. Für ein Gepäckstück bis 20 Kilo werden bei Buchung im Internet zwischen 16 und 29 Euro pro Strecke verlangt, am Flughafen zwischen 40 und 55 Euro. Immerhin berechnet Easyjet keine Sitzplatzgebühr, auch das Handgepäckstück ist kostenfrei.

Ryanair

Am umfangreichsten sind die Zusatzkosten nach wie vor beim irischen BilligfliegerRyanair. Hier ist ein Handgepäckstück mit bis zu zehn Kilo frei. Ein aufzugebender Koffer mit bis 15 Kilo kostet bei der Buchung im Internet je nach Saison zwischen 15 und 35 Euro pro Strecke, bei 20 Kilo sind es 25 bis 45 Euro. Gibt man den Koffer erst am Flughafen auf, werden je nach Gewicht und Saison zwischen 30 und 75 Euro fällig. Die Sitzplatzreservierung kostet mindestens 5,99 Euro. Wer nicht online eincheckt, sondern das erst am Flughafen tut, zahlt 15 Euro.

Für die Verpflegung an Bord hält der irische Billigflieger immer die Hand auf: Ein Kaffee oder Tee mit einem Schokoriegel kostet 4,50 Euro, ein Wasser und ein Sandwich neun Euro, ein Glas Wein mit Tapas 11,50 Euro. Von einer Gebühr für die Benutzung der Toilette an Bord, die vor Jahren im Gespräch war, hat Ryanair-Chef Michael O’Leary dann aber doch Abstand genommen.

Zusatzgebühr

Trotz des neuen Konzeptes droht Lufthansa-Kunden von September an eine Preiserhöhung um 16 Euro pro Ticket – sofern nicht direkt bei Lufthansa im Internet oder am eigenen Ticketschalter gekauft wird. Die Reisebüro-Branche ist über die Pläne empört und warnt davor, dass vor allem Geschäftsreisende Lufthansa künftig links liegen lassen.