Laut UNO-Angaben starben nach Angriffen auf Aleppo in den vergangene zahlreiche Kinder und Erwachsene. Die Stadt wird nach dem Bruch der Waffenruhe heftig attackiert. Foto: AFP

Mit einer Serie massiver Luftangriffe haben die syrischen und russischen Streitkräfte in Aleppo schwerste Zerstörungen angerichtet. Laut UNO sind Millionen Menschen von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten.

Aleppo - Am Samstag bombardierten syrische und russische Streitkräfte nach Angaben von Aktivisten den fünften Tag in Folge die Rebellen-Gebiete im Osten der Stadt. Dutzende Menschen wurden getötet, fast zwei Millionen Einwohner der Stadt im Norden Syriens waren nach Angaben der UNO von der Trinkwasserversorgung abgeschnitten.

Allein am Samstag starben nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte im Bombenhagel mindestens 25 Zivilisten.

Die Opferzahl dürfte weiter steigen, da noch viele Menschen unter den Trümmern vermutet wurden, wie die in Großbritannien ansässige Beobachtungsstelle mitteilte. Allein sieben Menschen starben demnach, als sie auf einem Markt im Viertel Bustan al-Kasr anstanden, um Joghurt zu kaufen.

Bustan al-Kasr liegt an der Frontlinie zwischen dem von den Rebellen kontrollierten Osten und dem von der Regierung gehaltenen Westteil der Stadt. Bereits am Freitag wurden bei den Angriffen auf Aleppo nach Angaben der Beobachtungsstelle mindestens 47 Menschen getötet, unter ihnen sieben Kinder.

Die Angaben der oppositionsnahen Organisation, die sich auf Ärzte und Aktivisten vor Ort stützt, sind für Medien meist kaum zu überprüfen.

Bombenkrater und nicht explodierte Raketen

Ein AFP-Reporter sah in mehreren der östlichen Stadtviertel schwerste Zerstörungen. Ganze Straßenzüge lagen durch das Bombardement in Schutt und Asche. Anwohner berichteten von Raketenbeschuss, der Erdbeben-gleiche Erschütterungen auslöste und Gebäude bis auf die Grundmauern zerstörte.

Die seit Donnerstagabend andauernden Luftangriffe auf die von den Rebellen kontrollierten Viertel sollen eine Bodenoffensive vorbereiten, mit der die syrische Armee die seit 2012 zwischen Rebellen und Regierungstruppen geteilte Stadt vollständig zurückerobern will.

In mehreren Straßen waren nicht-explodierte Raketen zu sehen, andernorts gab es fünf Meter tiefe Bombenkrater. Die zivile syrische Hilfsorganisation der Weißhelme war überfordert vom Ausmaß der Zerstörungen, zumal mehrere ihrer Einrichtungen bei dem Bombardement beschädigt wurden. Nach Angaben der Organisation bleiben ihr nur noch zwei Feuerwehrfahrzeuge, zudem fehlt es ihr an Benzin.

Die Kliniken der Stadt waren überfordert damit, die zahlreichen neuen Verletzten der Angriffe zu versorgen. Große Gebiete im Ostteil der Stadt sind ohne Strom, da den Generatoren ebenfalls der Treibstoff fehlt, so dass die Straßen nachts völlig dunkel sind. Viele Straßen sind durch den Schutt zudem unpassierbar. Die etwa 250.000 Menschen in den Rebellenvierteln sind seit Mitte Juli von Regierungstruppen umzingelt, so dass Hilfslieferungen internationaler Organisationen nicht zu ihnen vordringen können. Auch während einer einwöchigen Feuerpause gelang es der UNO nicht, Hilfskonvois von der türkischen Grenze in die Stadt zu bringen. Die von den USA und Russland ausgehandelte Waffenruhe war dann Anfang der Woche gescheitert. Seitdem sind die Kämpfe stärker als zuvor wieder aufgeflammt. Internationale Bemühungen am Rande der UN-Vollversammlung in New York, eine neue Feuerpause auszuhandeln, blieben ohne Erfolg.

Kein Trinkwasser weit und breit

Das UN-Kinderhilfswerk Unicef erklärte am Samstag, in Aleppo seien nunmehr fast zwei Millionen Menschen von der Wasserversorgung abgeschnitten. Das Wasserkraftwerk im Viertel Bab al-Nayrab, das die etwa 250.000 Menschen in den Rebellenvierteln versorge, sei in der Nacht beschädigt worden, erklärte Unicef. Als Vergeltungsmaßnahme sei dann die ebenfalls im Osten der Stadt befindliche Pumpstation in Suleiman al-Halabi abgestellt worden, welche die rund 1,5 Millionen Bewohner des Westteils der Stadt mit Wasser versorge. Während es im Westteil noch Brunnen gebe, um Wasser zu schöpfen, sei das Wasser in den Brunnen im Ostteil verseucht. Die einstige Wirtschaftsmetropole Aleppo ist eines der Hauptschlachtfelder des Syrien-Krieges.

Seit dem Beginn des Bürgerkrieges im Frühjahr 2011 wurden mehr als 300.000 Menschen in dem Konflikt getötet, Millionen Syrer wurden in die Flucht getrieben.