Christiane Wolff und Peter Kratz vor der Kulisse zu „Tintenherz“ Foto: factum/Weise

Der Ludwigsburger Theatersommer will die Saga um Siegfried, Hagen und Kriemhild aufführen. Auch wenn es die Naturgewalten mit dem „Nibelungen“-Vorhaben nicht gut meinten – die Bühne war nach heftigem Regen in der Nacht zum Montag abgesoffen – hoffen die Macher, dass es ein Knaller wird.

Ludwigsburg - Ein deutsches Epos mit zehn Buchstaben, am Anfang ein „N“? Viele kennen die mittelalterliche Dichtung wohl nur aus dem Kreuzworträtsel – oder als Wagner’schen Opernreigen. Die Rede ist von den „Nibelungen“. Der Ludwigsburger Theatersommer will die wuchtige Saga um Siegfried, Hagen und Kriemhild in diesem Jahr im Clussgarten aufführen. Auch wenn es die Naturgewalten mit dem Vorhaben nicht gut meinten – die Bühne war nach dem heftigen Regen in der Nacht zum Montag abgesoffen – ist Peter Kratz optimistisch: „Ich wollte einen Knaller bringen, und unsere Inszenierung wird in einer sehr heutigen Sprache sein.“

Mehr als 100 Aufführungen

Nach der Ausnahmesaison im Vorjahr, in dem der Theatersommer 25. Geburtstag feierte, sei es nötig gewesen, neue Akzente zu setzen, meinen die Theatermacher Christiane Wolff und Peter Kratz. Zugleich aber müssen sie in diesem Jahr mit weniger Geld zurecht kommen, weil ihnen heuer die Jubiläums-Sonderzahlungen diverser Stiftungen fehlen. Statt sieben Produktionen wie 2015 wird es in diesem Jahr nur fünf geben: vier abendfüllende Schauspiele und ein Kinderstück. Mehr als 100 Aufführungen sind terminiert, und die Saison wird diesmal länger dauern: Gespielt wird bis zum 10. September.

Auch die „Nibelungen“ haben darum erst etwas später Premiere: Am Mittwoch, 27. Juli, werden sie erstmals aufgeführt. „Mit den ‚Nibelungen’ gehe ich eigentlich schon viel Jahre schwanger“, sagt Peter Kratz. Mindestens seit 2006, dem Jahr, in dem das Epos bei den Wormser Festspielen in einer Textbearbeitung von Moritz Rinke gespielt wurde. „Ich wollte weder die ‚Nibelungen’ von Hebbel noch etwas Selbstgestricktes“, sagt der Regisseur. An Rinkes Text besteche die klare Sprache: „Er legt die politischen Zusammenhänge offen.“ Dadurch werde auch die archaische Wahrheit dahinter sehr viel verständlicher.

Niemand dürfe jedoch große Schlachtszenen und Kampfgetümmel mit Statistenherren erwarten. Auf der Gartenbühne spielten nur fünf Personen. Ihm schwebe eine Form ähnlich der in einem Vaudeville-Theater vor, sagt der künstlerische Leiter: „Wir wollen die ganze Geschichte erzählen, aber das konzentriert.“

Als komödiantisches Gegengift haben die Theatermacher „Arsen und Spitzenhäubchen“ ausgewählt. Der von Frank Capra 1941 verfilmte Klassiker von Joseph Kesselring ist eine Wiederaufnahme. „Bei uns gibt es allerdings einige Veränderungen“, sagt Kratz. Er verrät nur so viel: Aus dem Neffen Teddy, der sich für Theodore Roosevelt hält, ist der geisteskranke Neffe geworden, der sich für Adolf Hitler hält. Und aus dem Schriftsteller Mortimer Brewster ist ein Theaterkritiker geworden, der immer wieder auch aus dem Publikum heraus das laufende Stück beurteilt und so ein weitere komische Ebene einführt.

Dada-Experimente im Garten von Godot

Auch in diesem Jahr soll es Raum für Experimente geben. Auf den „Garten von Godot“ von 2015 folgt diesmal „Die Familie Dada im Urlaut-Wald“. Eine Collage aus Texten der berühmten Kunstbewegung, an deren Gründung vor 100 Jahren gerade in verschiedenen Ausstellungen erinnert wird. „Es war gar nicht so leicht, genug Texte zu finden, denn 85 Prozent davon sind sowieso reiner Unsinn“, sagt Kratz.

Als Kinderstück wird in dieser Saison eine Bühnenbearbeitung von Cornelia Funkes Roman „Tintenherz“ gezeigt. Das wird ebenso wie das Stück „Endstation Hoffnung“, eine Bearbeitung von Ödön von Horvaths „Glaube, Liebe, Hoffnung“, von Christiane Wolff in Szene gesetzt. Mit der Premiere von „Endstation Hoffnung“ beginnt am Mittwoch, 8. Juni, die Saison des Ludwigsburger Theatersommers.

Komödie und Heldenepos

Programm
– Die Mischung müsse stimmen, meinen die Theatermacher. Darum haben sie ein Programm aus fünf Stücken zusammengerührt: Es beginnt am 8. Juni mit „Endstation Hoffnung“. Am 19. Juni hat die „Familie Dada“ Premiere, während das Kinderstück „Tintenherz“ am 25. Juni erstmals gespielt wird. Am 27. Juli folgen die „Nibelungen“ und am 24. August „Arsen und Spitzenhäubchen“.

Homepage
– Neben den künstlerischen gibt es auch neue Akzente in der Selbstdarstellung: Die Homepage www.theatersommer-ludwigsburg.de wurde relauncht.