Klaus Herrmann ist gegen ein unbegrenztes Wachstum der Stadt – und lehnt die Stadtbahn mit Hochbahnsteigen ab. Foto: factum/Granville

Der CDU-Abgeordnete Klaus Herrmann ist nach 20 Jahren aus dem Landtag gewählt worden. Nun konzentriert er sich auf das Amt als CDU-Fraktionschef.

Ludwigsburg – - Ziemlich herb hat den Ludwigsburger CDU-Fraktionschef die Landtagswahl getroffen – nach 20 Jahren ist er als Abgeordneter überraschend nicht wiedergewählt worden. Nun widmet sich Herrmann seiner Aufgabe im Stadtparlament. Für Ludwigsburg hat er klare Vorstellungen: kein unbegrenztes Wachstum, ausreichend Parkplätze in der Innenstadt und kein zentrales Großbad.
Herr Herrmann, wie geht es Ihnen gut fünf Wochen nach der Landtagswahl?
Demokratie ist, wie sie ist. Ich bin durch und durch Demokrat und akzeptiere, dass ein Wahlamt immer ein Amt auf Zeit ist. Ich bin mit mir persönlich im Reinen. Das Flüchtlingsthema hat als ein Ereignis von außen das Ergebnis so stark beeinflusst, dass der eigentlich für die CDU sichere Wahlkreis nicht mehr gewonnen werden konnte. Ich werde mich jetzt zunächst einmal stärker ehrenamtlich engagieren.
Hätten Sie mit der Abwahl nach zwei Jahrzehnten im Parlament gerechnet?
Seit Januar hat sie sich abgezeichnet, seit Mitte Februar war ich mir ziemlich sicher, das Direktmandat nicht mehr zu gewinnen. Ich habe trotzdem den Wahlkampf mit vollem Einsatz weiter geführt.
Was würden Sie Ihrer Partei raten, um wieder zu alter Stärke zu gelangen? Hat die CDU Fehler gemacht?
Das Wichtigste ist jetzt, gute Arbeit in der neuen Koalition zu leisten und die CDU-Positionen deutlich herauszustellen. In jedem Wahlkampf werden Fehler gemacht, aber wenn das Ergebnis gut ausfällt, fragt man hinterher nicht nach Fehlern. In diesem Wahlkampf hätte man zum Beispiel nicht 14 Tage vor der Wahl den Kurs in der Flüchtlingspolitik wechseln dürfen. Das hat uns geschadet.
Wie geht es beruflich weiter?
Ich habe das Glück, bereits pensionsberechtigt sein. Ich fühle mich aber noch zu jung, um einfach nichts mehr zu tun. Ich bin ja auch noch im Gerlinger Stadtarchiv tätig und sitze im Gemeinderat und im Kreistag.
Kommen wir zur Ludwigsburger Politik – wie soll sich die Stadt in den nächsten fünf bis zehn Jahren entwickeln?
Wir haben in den vergangenen Jahren eine enorme Entwicklung geschaffen. Viele Arbeitsplätze sind entstanden. Noch vor 15 Jahren sind mehr Familien weggezogen als zugezogen, heute ist das umgekehrt. Ludwigsburg ist für junge Familien attraktiv, in diese Richtung müssen wir weiter arbeiten.
Nun ist das Wohnland knapp – und gegen neue Wohngebiete gibt es oft Proteste ...
Viele wollen nicht, dass vor ihrer Haustür auf der grünen Wiese gebaut wird. Wenn wir aber bezahlbaren Wohnraum wollen, müssen wir auch Baugebiete ausweisen. Wir brauchen einen gesunden Mix von Einfamilienhäusern und Mehrgeschossbauten. Wir brauchen für alle Bevölkerungskreise Wohnungen, nicht nur für die Besserverdienenden. Aber eines ist auch klar: Nicht jeder, der nach Ludwigsburg ziehen will, wird auch hier leben können.
Bleibt die Frage: Wird schon genug getan?
Die Frage ist: Was ist genug? Es gibt über 1000 Wohnungssuchende in der Stadt. Wenn wir jetzt rasch 1000 Wohnungen bauen würden, gäbe es sofort wieder neue 1000 neue Interessenten. Der Wohnungsbau muss auch verträglich für das Stadtbild gestaltet werden. Eine deutliche Steigerung der Einwohnerzahl ist jedenfalls nicht das Ziel der CDU-Fraktion.
Die Einwohner bringen auch mehr Verkehr, was ist zu tun gegen den Verkehrsinfarkt?
Wir müssen in mehrere Richtungen tätig werden. Da ist einmal der Nordostring, die Verbindung der B 27 ins Remstal. Das würde Ludwigsburg vom Autoverkehr entlasten. Ich setzte mich seit 20 Jahren für eine solche Planung ein. Wir werden weiterhin dafür kämpfen. Außerdem können wir vieles an unserem ÖPNV-System optimieren. Etwa separate Busspuren einführen, Bussen an Ampeln Vorfahrt gewähren, oder die Linien optimieren. Es gibt auch keine Denkverbote für Seilbahn oder Schnellbussystem BRT. Aber es muss verträglich sein.
Die Stadtbahn mit Hochbahnsteigen wäre aus Ihrer Sicht nicht verträglich?
Wenn eine Stadtbahn kommen sollte, kann sich keine Gemeinderatsfraktion Hochbahnsteige vorstellen. Ein großes Problem ist, dass bei den Plänen für die Stadtbahn 40 Busverbindungen wegfallen. Zum Vergleich: Alleine die Busfirma Jäger hat nur 80 Verbindungen. Wir müssen die Frage stellen, welche Nachteile entstehen.
Der Gemeinderat war in Straßburg – ist das Schnellbussystem dort ein Vorbild?
Der Ausflug war sehr informativ. Das Bus-Rapid-Transit-System (BRT) ist eine Stadtbahn auf Rädern – das wäre durchaus auch eine Alternative für Ludwigsburg.
Wenn kein Platz für Hochbahnsteige ist, wo soll dann Platz für Busspuren sein?
In Straßburg werden die Schnellbusse auch für Überlandverbindungen eingesetzt. Bei uns könnte man von Remseck über Pattonville bis Ludwigsburg solche BRT-Linie einrichten. Ich bleibe in Sachen Stadtbahn weiterhin sehr, sehr skeptisch.
Wie lässt sich der Autoverkehr besser lenken? Stichwort autofreie Innenstadt oder zumindest autofreie Stadtviertel? In Ludwigsburg wird über jeden einzelnen Parkplatz diskutiert, der wegfallen soll.
Ich halte es für notwendig, dass man mit dem Auto in die Innenstadt kommen und dort parken kann. Andere Städte, die ihre City autofrei gestaltet haben, müssen deutliche Benachteiligungen des Einzelhandels hinnehmen. Die Rathaus-Tiefgarage und die am Akademiehof sind zu Stoßzeiten, etwa am Samstagmittag, extrem voll. Es gibt sogar Schlangen vor den Parkhäusern. Das zeigt: Die Kunden wollen mit dem Auto zum Einkaufen fahren. Daher brauchen wir im Bereich Schiller-/Arsenalplatz eine weitere Tiefgarage in der Innenstadt.
Die Untertunnelung der B 27 und eine Grünzone vor dem Schloss werden seit Jahren diskutiert – gibt es eine Perspektive?
Leider hat man in den vergangenen drei Jahrzehnten in Ludwigsburg außer der Mäurachspange keine größeren Straßenplanungen gemacht. Ich halte es für notwendig, dass wir mehr vorausplanen. Der B-27-Tunnel wäre eine Option, eine andere wäre der Favorite-Park-Tunnel. Das Vorbild ist Fellbach – dort gab es bereits fertige Pläne in der Schublade, die dann schnell verwirklicht werden konnten.
Ist eine zusätzliche Autobahn-Ausfahrt Ludwigsburg-Mitte noch eine Option?
Das wäre schwierig. Wir würden einen Teil der Bevölkerung entlasten und andere Teile belasten. Die zusätzliche Autobahn-Ausfahrt würde Ludwigsburg entlasten, aber Asperg belasten. Es ist zudem fraglich, ob eine dritte Ausfahrt so dicht aufeinander überhaupt genehmigungsfähig wäre.
Das Forum am Schlosspark schreibt rote Zahlen – kann man sich das leisten?
Die Stadt hat ein außerordentlich großes Angebot. In der Spitze wie in der Breite. Aber natürlich müssen wir die Kosten im Blick haben, es kann nicht sein, dass sie mehrfach deutlich überschritten werden. Selbstverständlich hätten die Kulturschaffenden immer gerne mehr – aber da muss man auch Grenzen ziehen. Wir brauchen ein strenges Kostencontrolling.
Soll es für Ludwigsburg ein zentrales Großbad geben, wie ein Gutachter vorschlägt?
Das würde bedeuten, alle bestehenden Bäder zu schließen bis auf das neue Schul- und Vereinsbad und das Bädle Poppenweiler. Das halten wir als CDU-Fraktion in dieser Absolutheit für nicht umsetzbar. Natürlich müssen wir die Bäder auch finanzieren können, aber Schul- und Vereinsschwimmen ist praktisch nur möglich, wenn es Bäder mit Lehrschwimmbecken weiter vor Ort gibt.