Die Band Los Santos Foto: pro

Der Mann singt, die Frau auch, der Sohn spielt Gitarre, und dann sind da noch ein paar Freunde. Die Stuttgarter Band Los Santos präsentiert ihr neues Album.

Stuttgart - „Montag ist der Künstlersonntag“, sagt Lucia Schlör (43). Am Wochenende standen sie und Stefan Hiss (48) auf der Bühne. Montag ist also ihr Sonntag. Der Tag mit Zeit für andere Dinge. Zeit für ein Treffen. Zeit für ein Gespräch über Musik und Konzerte, Instrumente und Coverversionen. Das zweite reguläre Album erscheint im Oktober. Es heißt „Surfing On The Río Grande“ und klingt nach Mexiko, Texas und Hawaii, nach Country und Western. Da kommen Akkordeon und Pedal-Steel-Gitarre zum Einsatz. Die Lieder erzählen von Sehnsucht und Fernweh, von Liebe und Leidenschaft, von Wehmut und Melancholie. Da ist nichts glatt gezogen worden, der Sound ist authentisch.

Los Santos sind eine urschwäbische Band, die musikalisch von der weiten Welt träumt. Los Santos sind auch ein Familienprojekt. Eine Patchworkband: Lucia und Stefan sind ein Paar, Joscha, der Gitarrist, ist der Sohn von Stefan Hiss. „Es ist schön, einFamilienprojekt zu haben“, sagt Schlör. Warum auch mit Leuten zusammenarbeiten, die man nicht so gut kennt wie die eigene Familie und den Partner?

Fünf Menschen, fünf Geschmäcker. Die Mischung ist interessant und absolut hörenswert: Obskure Countrysongs treffen auf mexikanische Lieder treffen auf skurrile Eigenkompositionen. Coverversionen von bekannten Stücken gibt es auch. Die Bandmitglieder stolpern über Lieder, manche fliegen ihnen zu. Ein gutes Drittel sind eigene Kompositionen, der Rest sind Coversongs, die oft weit entfernt vom Original sind. Manchmal aber wie etwa „Delilah“ folgen sie dem Original, das von Tom Jones gesungen, von Barry Mason und Les Reed geschrieben wurde. Das Instrumentarium von Los Santos macht aber einen neuen Klang. Auch wenn Schlör und Hiss live das Kylie-Minogue-Nick-Cave-Duett „Where The Wild Roses Grow“ darbieten.

„Werktreue ist uns nicht besonders wichtig“, sagt Hiss. „Wir haben aber auch nicht den Anspruch, aus Liedern extrem originelle Versionen zu machen. Das gibt es ja auch zur Genüge, wenn etwa AC/DC-Songs als Bluegrass-Nummern gespielt werden.“

Los Santos sind anders. Das Besondere am Instrumentarium ist die Pedal-Steel-Gitarre, die für den speziellen Klang sorgt. Außer in der Countrymusik kommt sie nicht oft zum Einsatz. Bei Los Santos aber wird die Pedal Steel auch für lateinamerikanische Stücke eingesetzt. Etwas, das man im europäischen Raum nicht oft hört. Ansonsten: Akkordeon, Schlagzeug, Gitarre und viel Liebe zur Musik.

Los Santos sind eine Band von Köpfen, die man auch sonst in der Stadt kennt. Stefan Hiss’ Hauptband ist natürlich Hiss. Als deren Frontmann ist er bekannt. Schlagzeuger Bernd Öhlenschläger (42) spielt auch bei Hiss, Joscha Brettschneider (24) hat die Band The Tremolettes, der Pedal Steeler Winfried Wohlbold (51) spielt in einer neu gegründeten Band. Und Lucia Schlör ist eigentlich Schauspielerin und am Theater der Altstadt angestellt, spielt dort über hundertmal im Jahr. In der neuen Spielzeit ist sie als Marthe Schwerdtlein, als Hexe und in vielen anderen Rollen in „Faust“ zu sehen. Schlör macht noch ein Kinderstück am Studio Theater und den Klinik-Clown am Olgäle.

Und wie kam das mit dem Singen? „Alle Schauspielerinnen haben ein Liedprogramm“, sagt Hiss. Schlör sang schon beim Klaus Paul Quintett, dann kamen das Lucia Schlör Orchester und ihr Album „Verliebt, verletzt, verlassen“. Ein Album mit unverblümten, ironischen Texten, die sie sich von anderen geliehen hatte. Ein Album, das Türen öffnete. Dadurch wurde sie am Theater für viele Rollen, bei denen gesungen werden musste, gebucht. „Diese Platte hat beeindruckt“, sagt Schlör heute.

Ihr Einfluss bei Los Santos ist nicht nur im Kylie-Cave-Duett deutlich. Schlör ist Fan der Band Calexico. Auf der neuen Platte ist deren Song „Inspiración“ zu hören. „Ich finde es schön, wenn ich in Liedern Geschichten erzählen kann“, sagt Schlör. Die Hälfte des Albums wurde im Black-Shag-Studio in Calw aufgenommen. Ein 1950er-Jahre-Studio, in dem nur „steinalte“ Mikros stehen. Die andere Hälfte entstand im Tin-Rooth-Studio in Feuerbach.

Doch Musiker zu sein hat nicht nur mit Konzerten und Aufnahmen zu tun. Denn das mit dem Künstlersonntag stimmt so auch nicht ganz. Stefan Hiss muss noch die Steuer machen.