Ein Mitarbeiter der Spurensicherung am Unfallort. Foto: AP

Entwarnung aus London: Der Vorfall am Samstagnachmittag, bei dem zahlreiche Menschen verletzt worden waren, wird von der Polizei nicht als Terrorarkt eingestuft.

London - Immer wieder stört eine Sirene die merkwürdig ruhige Atmosphäre, ein Hubschrauber kreist über dem reichsten Viertel im Londoner Westen, und am Supermarkt um die Ecke parken Feuerwehrautos. Ein Krankenwagen fährt in den abgesperrten Straßenabschnitt der Exhibition Road vor dem Natural History Museum. Diese Straße ist an normalen Samstagen ein Herzstück des Londoner Tourismus: Auf ihr pilgern Musikliebhaber zur Royal Albert Hall, ihr entlang strömen Pop- und Modefans zum Victoria and Albert sowie zum Science Museum, und Kinder zerren ihre Eltern zum Natural History Museum, dem Museum für Naturgeschichte.

Das änderte sich schlagartig um zwanzig Minuten nach zwei an diesem Samstagnachmittag (15.21 Uhr MESZ). Laut Metropolitan Police fährt ein Auto auf den Gehweg vor dem Museum für Naturgeschichte und verletzt mehrere Menschen. Der Londoner Rettungsdienst teilt später mit, man habe elf Patienten behandelt. Ein Mann wird von mehreren Passanten auf den Boden gedrückt und von der Polizei festgehalten. Sofort machen sich Gerüchte breit, denn natürlich befürchten die Londoner nach Anschlägen mit Autos auf Westminster Bridge und London Bridge das Schlimmste.

Hintergründe sind zunächst unklar

Zunächst weiß man jedoch nichts über die Gründe, und die Metropolitan Police hält sich zurück: Verkehrsunfall oder Anschlag? Am Abend dann die Nachricht: Der Vorfall auf der Exhibition Road habe keinen terroristischen Hintergrund. Es handele sich um einen Verkehrsunfall, teilt die Polizei über Twitter mit.

Premierministerin Theresa May bedankt sich via Twitter bei den Ersthelfern. Ihre Gedanken seien bei den Verletzten, schreibt die jüngst vielfach kritisierte Politikerin, der man etwa bei der Brandkatastrophe am Grenfell Tower mangelndes Mitgefühl vorgeworfen hatte.

Die nächstgelegene U-Bahn-Station South Kensington wird sofort evakuiert. Der Mitarbeiter eines Zeitungsladens beschreibt, wie alle Passagiere die Station in Panik verlassen hätten, er selbst habe nur das Eisenrollo heruntergelassen und sei weggerannt. Inzwischen ist er in den Laden zurückgekehrt, die Züge fahren wieder, die Touristen schlendern vorbei. „Jetzt mache ich mir keine Sorgen mehr, weil die Polizei so schnell da war - aber schön ist das nicht!“

Eingänge sind gesperrt, Restaurants werden geräumt

Samstag war der letzte Tag der Pink-Floyd-Ausstellung im Victoria and Albert Museum, daher ist besonders viel los. Einige Eingänge sind gesperrt, einige Restaurants werden geräumt; ansonsten geht der Betrieb weiter wie bisher. Touristen knipsen die Absperrung, hinter der die Kriminaltechniker den vermeintlichen Tatort untersuchen. Der Unfallwagen steht um die Ecke.

Die Atmosphäre ist gedämpft aber entspannt. Ein junges spanisches Pärchen zu Besuch in London sagt, sie seien nicht beunruhigt. Und Cam Gow (33), der lange Zeit in London gelebt hat und mit seiner Freundin das Natural History Museum besuchen wollte, meint, es sei sehr traurig, dass man sich an solche Szenarien gewöhnen müsse. „Aber die Wahrscheinlichkeit, dass man selbst davon getroffen wird, ist trotzdem sehr niedrig.“ Doch zum Glück, so scheint es am Abend, war es diesmal lediglich ein Unfall, der einigermaßen glimpflich ausgegangen ist.