Verreisen wird zur Geduldsprobe - Fernbusse erfreuen sich immer größerer Beliebtheit Foto: dpa

Mit dem jüngsten Ausstand – dem längsten in dieser Tarifrunde – haben die Lokführer die Fernbuslinien besser beworben, als diese es selbst jemals könnten, kommentiert Jan Sellner.

Stuttgart - „Alles einsteigen! Vorsicht an der Bahnsteigkante!“ Na endlich! Die Züge rollen wieder. In den Bahnhöfen kehrt die Normalität zurück, was heißt, dass nach Plan gefahren wird, aber nicht alles nach Plan läuft. Und die Menschen werden wieder strömen, und die Gewerkschaft der Lokführer wird sich bestätigt sehen, weil viele Reisende gelassen geblieben sind und sich damit arrangierten, dass ihre Mitglieder 50 Stunden lang die Arbeit verweigerten.

Was aber, wenn die vielen Ausgebremsten das Wochenende nicht nur mit fröhlichem Radeln und Spazierengehen verbrachten? Wenn sie sich statt über die Forderungen der zornigen Lokführer darüber unterhielten, ob man als Kunde bei der Bahn nicht besser aus- als einsteigen sollte? Was, wenn sie die bahnfreien Stunden nutzten, um – ganz gelassen – einen Preisvergleich anzustellen, der auf vielen Strecken zugunsten eines anderen Verkehrsmittels, nämlich des Fernbusses, spricht? Was also, wenn sich die Lokführer aufs Abstellgleis manövriert haben?

Wenn der Esel eine Katze wäre, könnte er auf Bäume klettern . . . Eines jedoch kann man ohne Wenn und Aber sagen: Mit dem jüngsten Ausstand – dem längsten in dieser Tarifrunde – haben die Lokführer die Fernbuslinien besser beworben, als diese es selbst jemals könnten. Die Piloten machen es ihnen nach. Unabhängig davon wird die neue günstige Art zu reisen immer beliebter. Das zeigen die Zahlen in Stuttgart mit mehr als 900 Abfahrten pro Woche – und das obwohl auch die Busse keineswegs immer pünktlich sind.

Scheint so, als bahne sich hier buchstäblich etwas an. Lange wurden Bus und Bahn zusammengedacht. Jetzt heißt es: Fernbus oder Deutsche Bahn. „Alles einsteigen!“ funktioniert so einfach nicht mehr. Die Bahn muss schon Bitte sagen.