Am Hauptbahnhof in Stuttgart versammelten sich am Montagabend Bedienstete der Deutschen Bahn zu einem Warnstreik. Foto: Oskar Eyb/7aktuell.de

Taxen im Dauereinsatz, Menschentrauben rund um die Bahn-Mitarbeiter: Der Warnstreik der Lokführer führt im Südwesten zu chaotischen Zuständen. Doch der Warnstreik könnte erst der Vorgeschmack gewesen sein: Die Lokführergewerkschaft droht schon mit weiteren Aktionen.

In und um Stuttgart sind am Montagabend Tausende Reisende und Pendler vom Warnstreik betroffen – S-Bahn-Verkehr stillgelegt.

Stuttgart - Der Blick auf die elektronischen Abfahrtstafeln ist ernüchternd: „In 180 Min“, steht da. Die S-Bahn lässt drei Stunden auf sich warten. Reisende und Pendler im Südwesten hat der Warnstreik der Lokführer am Montagabend kalt erwischt. „Ab 19 Uhr stand die S-Bahn in Stuttgart komplett still“, sagte ein Sprecher der Deutschen Bahn in Stuttgart. Hatte die Bahn sich nicht darauf vorbereitet? Erst gegen 18 Uhr habe man erfahren, dass der von der Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) angekündigte Streik tatsächlich auch Stuttgart betreffe, sagt der Bahnsprecher. Um diese Zeit hätten viele Lokführer die S-Bahnen abgestellt.

Montag – ein Chaostag im Großraum Stuttgart. Bereits gegen Mittag brachte eine Weichenstörung in Stuttgart-Vaihingen die S-Bahn-Linien bis zum Abend aus dem Takt. Züge fielen auf Teilstrecken aus, Fahrgäste mussten reichlich Verspätungen hinnehmen. Dann der Warnstreik. „Einige Tausend“ Pendler in Stuttgart seien betroffen, sagt der Sprecher. Man versucht, den Pendlerstrom auf Stadtbahnen, Busse und Regionalzüge umzuleiten. Einen Ersatzverkehr für die S-Bahn-Strecke gibt es nicht. „Weil die Lokführer nicht angekündigt haben, wo sie streiken, war das nicht möglich“, heißt es.

Die Bahn spricht von „massiven Störungen“ im S-Bahn-Netz und vereinzelt im Regionalverkehr. Weil Züge Gleise am Hauptbahnhof blockierten, fielen auch etwa zehn Züge im Fernverkehr aus, etwa auf der Strecke zwischen Stuttgart und Mannheim. Zum Ende des Streiks um 21 Uhr fasst der Bezirksvorsitzende der GDL, Lutz Dächert, zusammen, dass im Südwesten drei von vier Zügen in den drei Stunden ausgefallen seien.

Die Fahrgäste am Stuttgarter Hauptbahnhof reagierten mit Unverständnis auf den Ausstand. Viele Reisende warfen den GDL-Mitgliedern vor, der Warnstreik sei nur unzureichend angekündigt worden – und treffe die Falschen. Die Schlange am Info-Schalter erstreckte sich durch die halbe Bahnhofshalle. Um jeden Bahn-Mitarbeiter sammelte sich eine Menschentraube. Die Stimmung: gereizt.

Die GDL war mit dem Anlaufen der Streiks zufrieden. Zur Kritik der Fahrgäste heißt es: „Es trifft immer jemanden.“ Die Ankündigung für den Warnstreik sei bereits am Morgen an Bahn und Presse gegangen. Zudem habe man die schwächeren Verkehrszeiten am Abend gewählt.

Die Deutsche Bahn hatte die GDL aufgefordert, den Warnstreik-Aufruf zurückzunehmen. Das Unternehmen habe der GDL am Morgen ein neues Tarifangebot vorgelegt, so Bahn-Personalvorstand Ulrich Weber. Es enthalte die Bereitschaft, über alle Tarifforderungen der GDL für Lokomotivführer zu verhandeln.

Die GDL hat sowohl für die rund 20 000 Lokführer als auch für 17 000 andere Beschäftigte des Zugpersonals Forderungen erhoben. Sie verlangt für alle fünf Prozent mehr Geld und eine um zwei Stunden verkürzte Wochenarbeitszeit. Die Lokführergewerkschaft will dem ersten Warnstreik weitere folgen lassen, wenn die Deutsche Bahn kein Angebot für kürzere Arbeitszeiten für das gesamte Zugpersonal vorlege. Das kündigte GDL-Chef Claus Weselsky in Berlin an. Der nächste Schritt wäre dann eine Urabstimmung. Weselsky: „Ich sehe im Augenblick keine Geschäftsgrundlage für weitere Verhandlungen.“