Thanh Tung Pham Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Im ehemaligen Coq au Vin im Stuttgarter Westen gibt es kein Schmorhühnchen in Rotwein mehr, sondern vietnamesische Cuisine. Aber der überlebensgroße gemalte Hahn ist geblieben.

Stuttgart - Das Coq au Vin ist Vergangenheit, der Pächter Gaetan Brou überraschend nach Paris zurückgekehrt. Doch der Hahn, in kräftigen Farben überlebensgroß an eine Tür gepinselt, ist geblieben. Brous Nachfolger Thanh Tung Pham fand den Gockel so witzig, dass er ihn nicht überpinseln mochte. Statt Schmorhühnchen wird nun jedoch „vietnamesische Cuisine“ serviert. Lampion heißt das Lokal seit März, in allerlei Farben hängen die Laternen von der Decke. „Im Sommer bringe ich mehr Deko aus Vietnam mit, dann wird es noch schöner“, verspricht der neue Betreiber.

Dass er im Stuttgarter Westen gelandet ist, verdankt er einem Zufall. Einem Freund, der oft im 42er Bus an dem Lokal vorbeifährt, waren die leer stehenden Räume aufgefallen. Thanh Tung Pham zog mit seinem Lokal von Sindelfingen an die Schwabstraße. „Ich mag die Atmosphäre in der Stadt“, schwärmt er. Die Speisekarte hat der Gastronom, der als Kind schon für seine jüngeren Geschwister kochen musste, selbst zusammengestellt.

Ein kleiner Ausflug nach Japan

Die Sommerrollen, erhältlich in drei Varianten (3,90 bis 5,90 Euro), erweisen sich als guter Start in den Abend. Gurken, Salat und Minze sind frisch, im Reispapier wird kein welkes Gemüse versteckt. Optisch ein Genuss sind die „leicht panierten“ Garnelen auf Gurke und Kraut-Karotten-Salat (5,30 Euro), doch die Panade ist üppiger ausgefallen als erwartet, dafür ist die Portion an sich übersichtlich und etwas fade. Die deftigere Alternative: Wantans auf Kraut-Karotten-Salat (3,50 Euro).

Überraschendes entdecken wir bei den Hauptgerichten, darunter knusprige Ente auf (japanischen!) Udon-Nudeln mit Gemüse in sauer-scharfer Brühe (11,30 Euro). Auch die vietnamesische Küche werde von anderen Kochkulturen beeinflusst, erklärt Thanh Tung Pham den kulinarischen Ausflug – und zwar nicht nur von der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich und den Chinesen, die seit Generationen in Saigon leben. Die japanischen Weizennudeln jedenfalls schmecken anders als italienische Teigwaren, in der Brühe mischen sich zahlreiche Aromen. Wer es weniger exotisch mag, nimmt ein Hauptgericht mit Reis. Die Gäste wählen zwischen vegetarischen und Fleischvarianten sowie sechs Soßen (7,90 bis 11 Euro). Empfehlenswert ist jene mit Ingwer und Zitronengras. Das stets al dente zubereitete Gemüse dürfte Anhängern gesunder Kost munden, ebenso die vielen frischen Kräuter. Wir finden die vegetarischen Varianten in der Regel besser als die mit Fleisch. Wenn sich alles ein bisschen eingespielt hat, will Thanh Tung Pham mehr Fisch und Meeresfrüchte auf die Speisekarte nehmen. Wir nehmen uns unterdessen vor, in der wärmeren Jahreszeit den vietnamesischen Eiskaffee zu probieren, denn das in Tassenfiltern zubereitete Getränk schmeckt einfach vorzüglich.