Martin Bauer lebt in seinem Restaurant Cantinetta nicht nur seine Leidenschaft für italienisches Essen sondern auch die für italienische Weine aus. Foto: Ina Schäfer

Martin Bauer war früher Rockmusiker, Hoteldirektor und Bauzeichner. Jetzt führt er das italienische Lokal Cantinetta an der Tunzhofer Straße – und Parallelen zum Leben auf der Bühne gibt es trotzdem genug.

S-Nord - Martin Bauer ist einige Umwege gegangen, bis er im April 2012 sein Restaurant an der Tunzhofer Straße eröffnet hat. Er war Bauzeichner, Hoteldirektor und Rockmusiker. Jetzt huscht er am Abend zwischen den Tischen des Cantinetta hin und her, springt in die Küche, rennt ans Weinregal und an die Karte von Italien, die ausgestanzt in einer Holzwand hängt.

Doch alle seine Berufe hängen irgendwie zusammen und haben auch zu dem geführt, was er heute macht. Der Rockmusiker – Martin Bauer war in seinen Zwanzigern Leadsänger einer Metalband – ist ihm anzumerken, wenn er von der „Mittagshow“ und der „Abendshow“ spricht und damit die unterschiedliche Atmosphäre meint, die während des Mittagstischs beziehungsweise während des Abendbetriebs in seinem Restaurant herrscht. „Die Gäste, die mittags kommen, haben nicht viel Zeit“, sagt er. „Da muss es schnell gehen, fast so schnell wie beim Bäcker.“ Abends hingegen sei das anders. Dann gehe es nicht darum, schnell ein Nudelgericht zu verhaften, sondern um echtes Interesse an der italienischen Küche und vor allem an italienischen Weinen. „Ich habe eine große Leidenschaft für die Weine“, sagt Martin Bauer. Wer diese Leidenschaft und Kenntnis nicht teilt, wird im Cantinetta vom Chef beraten. Eine bestimmte Zielgruppe gebe es nicht, das Cantinetta sei vielmehr Schmelztiegel der heterogenen Bevölkerungsstruktur des Nordens: „Hier versammeln sich Büroangestellte, Bauarbeiter und Chefärzte, es ist ein buntes Miteinander“, sagt Bauer.

Mit Mitte zwanzig ging es von der Bühne auf die Baustelle

Warum er heute nicht mehr auf einer richtigen Bühne steht? „Mit Mitte zwanzig habe ich mich gefragt, wie es weiter gehen soll“, erinnert er sich. „Will ich ein Auto fahren, eine Freundin haben, auf Matratzen schlafen?“ Dann hat er eine Ausbildung zum Bauzeichner gemacht und das Planungsbüro seines Bruders übernommen. Bis er bei einer Baustellenbegehung einen schweren Unfall hatte und ein Jahr im Krankenhaus und in der Reha verbracht hat. Viel Zeit zum Nachdenken. „Ich habe gemerkt, wie schnell alles vorbei sein kann“, sagt Bauer. Seine Entscheidung stand fest: etwas zu machen, was er wirklich wollte. Und was das etwas sein sollte, war ebenfalls schnell klar. 15 Jahre lang hat der Mittvierziger nach einer Ausbildung zum Hotelfachmann in Gastronomien und Hotels gearbeitet, bis er das Cantinetta an der Tunzhofer Straße 3 und damit auch die Verwirklichung seines Traums von einem eigenen kleinen Lokal gefunden hatte.

Ein Anruf bei der italienischen Oma genügt

Besondere Mühe gibt er sich mit der Auswahl der Speisen. Alle paar Wochen („mal vier, mal fünf – wir handhaben das ganz italienisch variabel“) wechselt die Karte in eine andere Region in Italien. Je wärmer es wird, desto weiter in den Süden führt die kulinarische Reise. Die Rezepte sind originale Überlieferungen. Zwar stammt Martin Bauer nicht aus Italien, dafür aber fast sein gesamtes Personal. Um an die traditionellen Gerichte zu kommen, reicht so ein Anruf bei der Großmutter in der Heimat. „Es ist interessant, wie unterschiedlich die Gerichte in den verschiedenen Regionen sind“, sagt Bauer. Jeder Teil des Landes habe eine eigene Geschichte, die sich auch in der Küche widerspiegele. Auch Martin Bauer selbst kann zu beinahe jedem Gericht und Wein eine Geschichte erzählen. Derzeit gibt es im Cantinetta Gerichte aus Kampanien, einer Region an der Westküste.

Am Abend habe er manchmal Lampenfieber, gibt Martin Bauer zu. Er möchte nicht nur gutes Essen servieren, sondern seinen Gästen auch einen schönen Abend bereiten. Lampenfieber, Mittag- und Abendshows sind nicht die einzigen Parallelen zu seinem ehemaligen Musikerdasein. Auch bezeichnet er sich und sein Personal als Band. „Ich mache vorne den Sänger, den Entertainer, und die Band hält mir hinten den Rücken frei.“