Betriebsleiterin Friedrike Musselmann sowie die Besitzer Carsten Hendricks und Martina Schmitt (v.l.) sind jetzt mit dem Kantinchen in der Alexanderstraße 190. Foto: Nina Ayerle

Bekannt sind die beiden vom Flohmarkt am Karlsplatz. Seit fünf Jahren versorgen sie dort aus ihrem roten Bus „Kantinchen“ heraus Händler und Besucher mit ihren selbstgemachten Speisen. Martina Schmitt und Carsten Hendricks haben jetzt mit ihrem gleichnamigen Café einen festen Standort an der Alexanderstraße 180.

S-Süd - Auf dem Flohmarkt am Karlsplatz sind sie allwöchentlich der Hit. Mit Frühstück, frischen Suppen, Kuchen und Salaten punkten Carsten Hendricks und seine Freundin Martina Schmitt nicht nur bei den dortigen Händlern, sondern auch bei den Besuchern. Jeden Samstag stehen sie mit ihrem roten Bus – Kantinchen genannt – auf Stuttgarts größtem Flohmarkt und verkaufen ihre selbst gemachten Speisen. „Der Flohmarkt war und ist unsere Visitenkarte“, sagt Martina Schmitt. Nach fünf Jahren waren die beiden nun bereit, den nächsten Schritt zu gehen: das eigene Café mit Laden. Anfang August ist ihr Traum wahr geworden. An der Alexander-straße 180 hat das Kantinchen nun ein festes Zuhause gefunden. Geöffnet ist es täglich von sieben bis 17 Uhr.

Zunächst klingt die Geschichte der beiden eigentlich eher nach einem typischen Aussteiger-Schicksal. Unzufriedenheit im festen Job und die Sehnsucht nach Freiheit veranlassten Hendricks und Schmitt kurz nach dem Kennenlernen dazu, ihre Arbeitsstellen zu kündigen. Danach der Klassiker: Ein halbes Jahr Weltreise und dann schauen, was passiert. Sechs Monate reisten Schmitt und Hendricks durch Südostasien, Australien und Neuseeland. „Das ist auch der Klassiker“, sagt Hendricks und lacht.

Eine Suppenbar im Schiffscontainer war der große Traum

Mit im Gepäck hatten sie beide einen großen Traum, der während der Reisezeit immer konkretere Formen annahm, den Traum von der eigenen Gastronomie. Ein alter Schiffscontainer, umfunktioniert zur Suppenbar, schwebte der studierten Betriebswirtschaftlerin und dem gelernten Koch vor. „Unsere Pläne waren schon relativ weit fortgeschritten“, erzählt Carsten Hendricks. Bei der Stadtverwaltung sei ihnen aber schnell jegliche Hoffnung auf die Umsetzung genommen worden. „Wir hätten eine private Fläche dazu gebraucht“, ergänzt er. Veronika Kienzle, die Bezirksvorsteherin von Stuttgart-Mitte, fand die Idee toll und schlug die Alternative mit dem fahrbaren Kiosk auf dem Flohmarkt am Karlsplatz vor.

Kurzerhand bewarb sich das Paar bei den Stuttgarter Märkten. Die Resonanz war laut Hendricks schon nach kurzer Zeit überwältigend. „Ein halbes Jahr später bedankten sich die Händler bei uns für den Stand“, berichtet er. Das kulinarische Angebot auf dem Karlsplatz war zuvor eher dürftig. So erklären sich Hendricks und Schmitt ihren Erfolg. Bald konnten sie den alten Bus, mit dem sie angefangen hatten, gegen einen neuen tauschen.

Inzwischen haben die beiden 39-Jährigen zwei kleine Kinder. Die Sehnsucht nach einem geregelteren Tagesablauf und nach Normalität wurde größer. „Es war auch Zeit, den nächsten Schritt zu tun“, sagt Schmitt. An der Alexanderstraße 190 haben die beiden das Kantinchen nun zu einem Tagescafé mit Laden umfunktioniert. Das Angebot ist ähnlich wie auf dem Markt: Kuchen, Salate, Quiches und kleine Mittagsgerichte servieren die beiden ihren Gästen.

Der Kantinchen-Bus bleibt dennoch auf dem Flohmarkt

In ihrem Café haben die beiden zunächst Bescheidenheit walten lassen. Fast alles haben sie selbst hergerichtet, die Möbel teilweise gebraucht zusammen gesucht und restauriert. So bleibe das Risiko überschaubar. „Unser Bestreben war immer, organisch zu wachsen“, sagt Schmitt. Das sehen sie auch als das Geheimnis ihres Erfolges an. „Viele Gastronomen scheitern nach ein bis zwei Jahren, weil sie zu groß anfangen“, sagt Hendricks. Da würde oft gleich der Betrieb für mehrere tausend Euro eingerichtet, eine neue Küche gekauft und viel weiteres Geld ausgegeben. Das wollten sie vermeiden. Die Selbstständigkeit bereitet ihnen kein Kopfzerbrechen. Zurück in ein Angestelltenverhältnis wollen sie nicht. Um ihre kulinarische Versorgung müssen sich die Flohmarkthändler jedoch keine Sorgen machen. Auch in Zukunft stehen Schmitt und Hendricks mit dem Kantinchen jeden Samstag auf dem Karlsplatz. „Es macht einfach so viel Spaß dort“, sagt Schmitt.