Europas Regierungschefs auf der Suche nach einer Lösung in der Flüchtlingsfrage. Foto: dpa

Österreich ist entscheidend an der weitgehenden Schließung der Balkanroute beteiligt. Ein Gipfel der angrenzenden Staaten versucht in Wien eine Bilanz. Die anfängliche EU-Kritik ist gänzlich verhallt.

Wien - Der Wiener Kanzler lässt gerne Manager-Phrasen einfließen. Man habe am Samstag „plain English“ geredet, meinte Christian Kern nach dem Gipfel-Treffen zur Migration auf der Westbalkan-Route. In Deutschland würde man wohl „Klartext“ dazu sagen, Kern sagte später auf Österreichisch, man habe „Fraktur geredet“. Es sei zu einem „einigermaßen amikalen Ergebnis“ gekommen. Bei der Zusammenkunft der Regierungschefs aus Mittel- und Südosteuropa mit der deutschen Kanzlerin Merkel, kritisierte diese, dass trotz der Schließung der Balkanroute seit März 50 000 Migranten nach Deutschland gelangt seien. Kern zeigte Verständnis dafür, auch nach Österreich seien danach noch 18 000 Flüchtlinge gekommen. Man sitzt also wieder im selben Boot. Keine Rede war mehr von verschiedenen Ansätzen Deutschlands und Österreichs.

Berlin plädiert für EU-Lösung

Kanzlerin Angela Merkel betonte vor allem, wie wichtig das gemeinsame europäische Vorankommen sei. Deutschland und Österreich sind sich einig, dass sich der Zustrom weiter verringern soll. Deshalb wurde nochmals betont, dass die Mission der Frontex an den EU-Außengrenzen, also in Griechenland, aber auch an der bulgarischen Grenze aufgestockt wird. Bisher würden noch Zusagen für die Entsendung von 250 Beamten der Frontex von den Mitgliedsstaaten fehlen, monierte Kern. Gedacht ist daran, auch Militär nach Südosteuropa zu schicken, Österreich will etwa 25 Soldaten nach Serbien schicken. Offen sei aber, wie das technisch gelöst werden könnte, so Kern. Nun sei es an der EU-Kommission diese Frage zu beantworten. Frontex solle weiterhin eine Polizeimission bleiben, aber die „bewaffneten Kräfte“ – so nannte Kern die Soldaten – sollten unterstützend wirken. „Die 1500 Frontex-Leute sind nicht ansatzweise ausreichend“, so Kern.

Das zweite große Thema bei der Konferenz in Wien war die schleppende Umsetzung des EU-Türkei-Abkommens. Seit April, als das Abkommen erstmals umgesetzt wurde, wurden von Griechenland nur 509 Personen in die Türkei zurückgeschickt. Man will deshalb Druck aufbauen, dass Griechenland mehr tut. Das Problem sei, so Kern, dass „die Türkei für Griechenland kein sicheres Drittland ist“. Man müsse nun dort die Asylverfahren verbessern und noch mehr Experten schicken, um den Rückstau auf den Inseln und die Weiterwanderung nach Zentraleuropa zu verhindern.

Aktionsplan für Griechenland

Der griechische Premier Alexis Tsipras nahm das Hilfsangebot an. In den kommenden zwei Wochen wird deshalb ein Aktionsplan ausgearbeitet. Griechenland hat zudem Vertreter von Deutschland und der EU-Kommission nach Athen eingeladen, um herauszufinden, was gebraucht wird, um die Asylverfahren zu beschleunigen. Aus Kerns Worten war weiter die skeptische Haltung gegenüber dem EU-Türkei-Abkommen herauszuhören. „Man muss Abhängigkeiten vermeiden und selbst Lösungen finden“, meinte er am Samstag. Österreich setzte von Anfang an auf die Sicherung der EU-Außengrenzen. Von den „Rückführungen“ aus Griechenland in die Türkei innerhalb des Abkommens geht bisher tatsächlich wenig „abschreckende Wirkung“ aus.

Neue Abkommen mit Ägypten

Ein zentrales Thema war am Samstag in Wien, dass ähnliche Abkommen, wie jenes mit der Türkei, auch mit Ägypten, Mali, Senegal und Niger abgeschlossen werden sollen. Damit sollen diese Staaten dazu gebracht werden, auch ihre eigenen Grenzen zu schützen, aber auch Migranten, die in Europa landen, wieder zurückzunehmen. Zentral sind für Deutschland und Österreich vor allem das Abkommen mit Ägypten. Ratspräsident Donald Tusk, der auch in Wien anwesend war, berichtete von „Bewegungen“, die es auch hinsichtlich eines Rückübernahmeabkommen mit Afghanistan gäbe. Alle drei Themen – die Entsendung von Frontex-Leuten, die Beschleunigung der Asylverfahren in Griechenland und neue Rückübernahmeabkommen – sollen beim nächsten EU-Rat diskutiert werden.