Alkohol-Angebot einer Tankstelle: Bald kann die Jugend im Land wieder vorglühen Foto: AP

Sollte das Land tatsächlich das nächtliche Alkohol-Verkaufsverbot wieder kippen, macht sie sich in der Suchtpolitik komplett unglaubwürdig, meint unser Kommentator Rainer Wehaus. Für die Grünen gebe es bessere Möglichkeiten, vom Image der Verbotspartei wegzukommen.

Stuttgart. Bald kann sich die Jugend des Landes wieder an Tankstellen treffen. Um vorzuglühen, wie es so schön heißt. Baden-Württembergs neue Landesregierung will das nächtliche Verkaufsverbot für Alkohol abschaffen. So haben es Grüne und CDU überraschend in ihrem Koalitionsvertrag vereinbart. Dass der Tankstellenverband nun auf eine schnelle Umsetzung pocht, kann man ihm nicht verdenken. Dass das Innenministerium andere Dinge momentan für wichtiger hält, deutet darauf hin, dass die zuständigen Beamten das Vorhaben für das halten, was es tatsächlich auch ist: eine Schnapsidee.

Ohne Not und ohne Grund

Das Verbot hat sich bewährt, keiner regt sich mehr darüber auf. Es gilt unter Experten bundesweit als vorbildlich, Trotzdem will das Land es nun wieder abschaffen – ohne Not und ohne vernünftigen Grund. Die ständige Verfügbarkeit von Alkohol ist ein großes Problem – ob man den Erfolg des Verbots nun konkret messen kann oder nicht.

Hü und Hott im Kampf gegen Alkohol

Unbegreiflich, warum vor allem die Grünen ausgerechnet dieses Verbot kippen wollen. Um vom Image einer Verbotspartei weg zu kommen, gäbe es deutlich bessere Möglichkeiten. Außerdem macht sich das Land komplett unglaubwürdig, wenn es einerseits und mit viel Aufwand vor den Gefahren von Alkohol warnt und andererseits das Verkaufserbot wieder aufhebt. Dass die Kommunen im Gegenzug die Möglichkeit bekommen sollen, notfalls Alkohol-Konsumverbote auf öffentlichen Plätzen zu erlassen, macht die Sache nicht besser, im Gegenteil: Es zeigt nur, wie inkonsequent der Koalitionsvertrag in dem Punkt ist: Erst erleichtert man Alkoholexzesse, dann schafft man wieder ein Mittelchen dagegen. So macht man sich nur lächerlich.

rainer.wehaus@stuttgarter-nachrichten.de