Unter Abt Benedikt Knittel (Abt von 1683 bis 1732) erlebte das Kloster Schöntalan der Jagst – unser Foto zeigt die Ahnengalerie – eine Blütezeit. Foto: Belser-Verlag

Viele Dichter, Denker, Schriftsteller und Philosophen lebten und wirkten im Südwesten. Wer auf ihren Spuren reist, lernt nicht nur sie, sondern auch das Land auf eine ganz besondere Art und Weise kennen.

Die Suche nach dem Glück

Hermann Hesse (1877–1962) hatte es nicht leicht im Nordschwarzwald. Zu eng waren dort die Moralvorstellungen, zu streng der Pietismus für einen jungen Geist, der frei sein wollte. So geriet er mehr als einmal mit den Menschen in Calw aneinander – und hat seine Heimat dennoch zeitlebens im Herzen bewahrt wie ein Schatzkästlein. Das Hermann-Hesse-Museum in Calw reflektiert seine Lebensgeschichte durchaus kritisch, und auch die zweite Station des Literatur-Nobelpreisträgers in Gaienhofen am Bodensee zeigt einen zerissenen Menschen, der stets auf der Suche nach dem Glück war: Er fand es auch dann nicht, als er Familie, drei Kinder und ein Traumhaus am Ufer des Sees hatte. Stattdessen brach er auf und flüchtete und schrieb. Beide Wohnstätten Hesses in Gaienhofen auf der Höri können heute besichtigt werden und zeigen das vielschichtige Bild eines Mannes, der schließlich im gesegneten Alter von 85 Jahren starb.

www.hermann-hesse-museum.de, www.hermann-hesse-hoeri-museum.de, www.hermann-hesse-haus.de

Ein Buch schreibt Geschichte

Der Weg ins Museum führt durch die Vinothek. Das passt zu einem Ort wie Bönnigheim, der eine über 1000-jährige Weinbautradition hat. Hier arbeitete Sophie La Roches Ehemann als Oberamtmann. Im Jahr 1770 folgte sie ihm dorthin und vollendete im Schloss ihre „Geschichte des Fräuleins von Sternheim“, die sie zur bekannten Schriftstellerin machte. Damit war sie die erste Frau hierzulande, die einen Roman veröffentlichte und damit reüssierte. Welche Werke folgten und dass sie damit zeitweise ihre Familie ernährte, kann man im Museum Sophie La Roche erfahren, das gegenüber dem Schloss über der Vinothek eingerichtet wurde. Auch dass sie mit ihrem Cousin Christoph Martin Wieland in Biberach eng verbunden und sogar verlobt war, bevor sie den Hofrat La Roche heiratete. Später schrieb Wieland, dass er ohne Sophie kein Dichter geworden wäre. Deshalb ist sie umgekehrt auch in der Wieland-Ausstellung in seinem Biberacher Gartenhaus vertreten.

www.boennigheim.de, www.wieland-museum.de

Der knitze Knittel

Abt Benedikt Knittel (1650–1732) aus dem Kloster Schöntal in Hohenlohe war ein Dichter vor dem Herrn und las seinen Brüdern reimend die Leviten. Das Zisterzienserkloster Schöntal liegt noch heute komplett erhalten in einem romantischen Winkel direkt an der Jagst. Sein üppiges barockes Kleid hat es unter Abt Benedikt Knittel bekommen, es war nicht gerade das, was man einst unter mönchischer Bescheidenheit verstand. Bei der Säkularisation wurde es geschlossen und in eine evangelische Klosterschule verwandelt, später dort ein katholisches Bildungshaus eröffnet. Vor allem die große Klosterkirche sind einen Besuch und eine Führung Wert. In Schöntal finden sich überdies die Spuren einer anderen großen Persönlichkeit: Auch der durch Goethe berühmt gewordene Götz von Berlichingen ist innerhalb der Klostermauern begraben.

www.kloster-schoental.de

Mit Pauken und Trompeten

„Der Trompeter von Säckingen“ war im 19. Jahrhundert ein echter Bestseller. Er machte nicht nur Joseph Victor von Scheffel bekannt, sondern auch die Stadt am Hochrhein, in der er von 1850 an zwei Jahre als Rechtspraktikant gearbeitet hat. Dort kam ihm die Geschichte zu Ohren, die ihm als Vorlage für seinen Trompeter diente: Im 17. Jahrhundert verliebte sich eine adeligen Frau aus dem Säckinger Schloss in einen bürgerlichen Mann. Ein Skandal war das und das Liebespaar musste sogar seine Heimat verlassen. Heute zeugen die Grabplatten am Münster mit den Namen der beiden von ihrer Geschichte und im Schloss Schönau ist ein Zimmer für den gefeierten Dichter Scheffel reserviert. Außerdem kann man sich dort mit Hans-Martin Vögtle auf den Weg machen: Als Nachtwächter führt er durch die Stadt und erzählt die Geschichte von Scheffel und dem Trompeter auf unterhaltsame Weise.

www.bad-saeckingen-tourismus.de

Priester und Erfolgsschriftsteller

Der katholische Pfarrer Heinrich Hansjakob (1837-1916) aus Haslach im Kinzigtal war einer der erfolgreichsten Schriftsteller seiner Zeit. Seine Bücher über die Schwarzwälder Heimat erreichten Millionenauflagen und so war er ein reicher Mann, als er sich 1910 einen üppigen Altersruhesitz in seinem Heimatort erbauen ließ. Der Freihof in Haslach ist heute ein Museum. 2014 wurde es komplett neu gestaltet und spart auch die heiklen Seiten seiner Persönlichkeit nicht aus: So war er ein Demokrat auf der einen und ein Antisemit auf der anderen Seite. Seine Kirchenkritik liest sich wie aus dem 21. Jahrhundert, aber sein Frauenbild war schon im 19. Jahrhundert hoffnungslos veraltet. Wer auf seinen Spuren unterwegs ist, entdeckt im Nachbarort Hofstetten auch die Grabkapelle, die er sich schon zu Lebzeiten wie ein Mausoleum an den Berghang bauen ließ. Außerdem kann man noch heute dort essen, wo er einst Stammgast war: im Gasthof „Drei Schneeballen“.

www.haslach.de, www.kinzigtal.com

Im Haus des Sammlers

Seine Tagebücher aus dem Ersten Weltkrieg machten Ernst Jünger berühmt. Er war Fremdenlegionär, Offizier im Zweiten Weltkrieg, Philosoph, Käfersammler – und zeitlebens ein höchst umstrittener Mensch aufgrund der nationalistischen Positionen, die er in der Weimarer Republik vertreten hatte. 1950 kam er nach Wilflingen, wo er im ehemaligen Forsthaus sein halbes Leben verbrachte. 1998 starb er mit knapp 103 Jahren. In seinen Wohn- und Arbeitsräumen sieht es heute aber so aus, als hätte er sie nur für einen seiner täglichen Spaziergänge verlassen. Vor den Regalen stapeln sich Bücher auf dem Boden. Auf dem Schreibtisch liegt Papier bereit, im Ankleidezimmer steht sein Rasierwasser und im Schlafzimmer eine Schale voller Kleinkram, in die der Schriftsteller jeden Abend seine Hosentaschen leerte.

www.juenger-haus.de