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Die Hitze und die Trockenheit der vergangenen Wochen haben den Gewässern im Stadtgebiet zugesetzt. Für die Seen und Bäche war der Regen dringend nötig.

Stuttgarter Norden - Endlich Regen. Seit Juni hat Stuttgart ein Niederschlagsdefizit, erklärt Michael Fritz. Er ist beim Amt für Umweltschutz für die Gewässer der Landeshauptstadt zuständig. „Der Regen hat gut getan“, sagt Fritz. Es dürfe gerne noch mehr sein, und vor allem anhaltender. Die sommerlichen Gewitter mit kurzen, starken Niederschlägen sind nicht so ganz nach dem Geschmack des Umweltschützers: „Schön wäre ein langer, ergiebiger Landregen, den die Böden und Pflanzen gut aufnehmen können.“ Denn bei gleichmäßigen Niederschlägen werde im Boden mehr Wasser gespeichert, was dann auch wieder abgegeben werden kann.

Doch es ist nicht nur die Trockenheit, die Bächen und Seen derzeit zu schaffen macht, sondern auch die Hitze. Während mangels Regen kaum Wasser nachkommt, kommt durch die hohen Temperaturen auch noch viel abhanden: „Die Verdunstungsmengen im Moment sind gigantisch“, sagt Michael Fritz. Durch den niedrigeren Wasserstand erwärmen sich Bäche und Seen schneller. Und je wärmer das Wasser ist, desto weniger Sauerstoff kann es abgeben – und darunter leidet die Tierwelt in den Gewässern. 24,8 Grad Celsius misst Fritz im Weilimdorfer Lindenbachsee. „Der Wert ist ganz ordentlich. Kritisch wird’s für die Fische so ab 28 Grad.“ Da würden auch die Karpfen träge, die zu den eher robusten Fischarten zählen. Wenig Sauerstoff bedeute Stress für die Tiere, die dann an der Wasseroberfläche nach Luft schnappen, was sie noch zusätzlich Energie koste.

Artenvielfalt in den Fließgewässern

Im Lindenbachsee leben nicht nur Karpfen und kleinere Fische, sondern auch Graureiher und Enten, die unter der Hitze allerdings weniger zu leiden haben. Zudem hat der See eine recht hohe Algenpopulation, was für die Fische Fluch und Segen zugleich sein kann: Unter dem Einfluss von Sonnenlicht produzieren die Algen dringend benötigten Sauerstoff. „Wenn das Licht wegbleibt verbrauchen sie einen Teil davon wieder“, erklärt Michael Fritz. Deswegen setze ein Fischsterben oftmals in den Morgenstunden ein, nachdem die Algen während der Nachtstunden viel Sauerstoff verzehrt haben.

Hinsichtlich der Fließgewässer tue sich einiges, was die Artenvielfalt anbelangt, sagt Fritz. Neben zahlreichen wirbellosen Tierarten wie Libellen, Steinfliegen oder Schnecken, die feuchte Reproduktionsorte brauchen, leben im Metzger-, im Linden- und im Feuerbach auch Steinkrebse, eine bedrohte Art. „Die sind sehr empfindlich, wenn man ihnen das Wasser abgräbt.“ Deswegen bittet das Umweltamt darum, den Bächen derzeit kein Wasser zu entnehmen, auch wenn das Schöpfen mit Eimern oder Gießkannen prinzipiell erlaubt sei. Bäche aufzustauen oder abzusenken sowie Wasser abzupumpen oder mit Schläuchen zu entnehmen ist ohnehin verboten und kann laut Umweltamt empfindliche Geldbußen nach sich ziehen.

Naturnahe Strukturen sind wichtig

Rund 150 Kilometer Bachstrecken, den Neckar nicht eingerechnet, gibt es in Stuttgart, erzählt Michael Fritz. Während der Lindenbach noch ganz gut aussehe, habe der Schnatzgraben derzeit ein Wasserproblem, da sein Einzugsgebiet zum großen Teil versiegelt ist. „In der Besiedlung hat man immer Probleme“, sagt Michael Fritz. Nicht nur weil durch die Versiegelung weniger Wasser ins Erdreich versickern kann: „Insbesondere, weil die Bäche nicht mehr naturnah sein können.“

Eine Renaturierung sei in Stuttgart aufgrund der räumlichen Enge aber sehr schwierig und sehr teuer. Der Feuerbach etwa mäandriere sehr schön durch das Feuerbacher Tal, ehe er in ein unterirdisches Bachbett gezwängt wird. Um seine Begradigung im Stadtgebiet rückgängig zu machen, fehle zwischen Häusern, Betrieben und der Kanalisation aber der Platz. Dabei seien naturnahe Strukturen der Gewässer doppelt wichtig, sagt Michael Fritz: Die Bäume und Sträucher am Uferbereich spenden Schatten, dadurch erhitzt sich das Wasser nicht so stark. Außerdem schützen die Bäche und Seen in einem ursprünglichen Zustand deutlich besser vor Hochwasser als begradigte und befestigte, wenn es mal wieder einen heftigen Gewitterregen gibt.