Der Gast residiert im Herrenhaus Cesvaines und der Storch auf dem Kamin. Foto: Sturmhoebel

In Lettland finden Reisende in vielen der einstigen Herrenhäuser des Landadels ein außergewöhnliches Quartier mit netten Nachbarn.

Riga - Am besten beschließt man den Tag auf der Schlossterrasse mit einem Glas bernsteinfarbenem Laplesis - ein Bier, das nach dem sagenhaften Bärentöter benannt wurde. Im See spiegelt sich das Herrenhaus von Kuksa. Im Himmel darüber setzt ein Storch zum Landeanflug an. Nichts Besonderes in Lettland. Im ganzen Baltikum beherrscht Adebar den Luftraum. Störche bringen Glück ins Haus, sagt man in Lettland. Viele Einheimische bieten daher Nisthilfen an. Auch auf dem Schornstein von dem Gutshof, der zu Kuksa gehört, hat sich ein Storchenpaar niedergelassen. Dort haben es die Vögel sogar besonders kuschelig, wenn an kühlen Abenden unten eingeheizt wird und die Wärme durch das Rohr aufsteigt. „Das einzige Storchennest mit Zentralheizung“, sagt Daniel Jahn.

Nach sieben Jahren wieder ein Schmuckstück

Kuksa ist seit 1999 im Besitz des umtriebigen Deutschen, der als Koch in der Welt herumkam und Anfang der 90er Jahre in Lettland hängen blieb. 30 000 Euro habe er für das kurländische Anwesen bezahlt samt neun Hektar Park und 15 Hektar Wald, verrät Jahn. Allerdings sei alles in einem beklagenswerten Zustand gewesen. Nach sieben Jahren Restaurierungsarbeiten ist Kuksa heute wieder ein Schmuckstück - und das im Wortsinn. „Als Helene Anna Mathilde von Bötticher, die Mutter des Schriftstellers Werner Bergengruen, auf ,Kukschen‘ geboren wurde, war das Herrenhaus üppig und kostbar eingerichtet“, erklärt Jahn seine Kauflust. „Meine Gäste sollen ein Gefühl dafür bekommen, wie der Landadel seinerzeit lebte.“ V on den mehr als 1000 Herrenhäusern in Lettland stehen heute noch etwa 400. Die Gutshöfe der Deutschbalten, einst Symbol der Unterdrückung, zählen inzwischen zum Kulturerbe, das es zu bewahren gilt.

Viele Landsitze wurden bereits restauriert und von Schlosshotels bezogen. Am prächtigsten ist das barocke Schloss Pilsrundale bei Bauska, das heute ein Museum beherbergt. Ernst Johann Biron, Herzog von Kurland und Günstling der Zarin Anna Iwanowna, ließ sich im 18. Jahrhundert den Palast als Sommerresidenz errichten. Das Glück hat er sich von einem Stuckateur fest installieren lassen. Das Storchennest hat jedoch nichts genützt. Als die Zarin starb, wurde der Herzog verbannt. Birini, nur eine Autostunde von Riga entfernt, wurde als erstes Schlosshotel im Jahr 2000 eröffnet. August von Pistolkorss, ein deutsch-schwedischer Leutnant der russischen Armee, ließ das neogotische Schloss im Jahr 1860 erbauen. Ein Landschaftspark gehört auch dazu. Das Gespenst, das seit 1912 in Vollmondnächten herumgeistert, sei ein Nachfahre des Schlossherrn. Der junge Mann hatte sich erschossen, nachdem seine unstandesgemäße Liaison mit einem Dienstmädchen diese in den Tod getrieben hatte. Dass sich auch hier auf einem der Ecktürme Störche niedergelassen haben: Muss man das noch erwähnen?