Raubbau schadet Natur und Menschen, sagt Kathrin Hartmann. Foto: Sandra Hintermayr

Die Journalistin Kathrin Hartmann hat ihr Buch „Aus kontrolliertem Raubbau“ vorgestellt. Sie zeigt darin auf, was unser Konsum in anderen Ländern anrichtet.

S-West - Green Economy lautet die Zauberformel, grünes Wachstum. Dahinter verbirgt sich das nachhaltige Wirtschaften, um unter anderem dem Klimawandel entgegenzuwirken. Biodiesel, Elektroautos, Shrimps aus Aquakulturen und Palmöl aus nachhaltigem Anbau; ist das die Lösung zur Rettung der Welt oder doch ein Amoklauf gegen die Natur? Diese Frage stellt Kathrin Hartmann in ihrem Buch „Aus kontrolliertem Raubbau. Wie Politik und Wirtschaft das Klima anheizen, Natur vernichten und Armut produzieren“. Am vergangenen Freitagabend las die Journalistin und Autorin daraus auf Einladung des Kreisverbandes Stuttgart des Bundes für Umwelt und Naturschutz und Fossil Free Stuttgart im Bürgerzentrum West vor etwa 50 Gästen.

Regenwald vernichtet

„Die Länder des Südens müssen die Konsequenzen für unser Konsumverhalten tragen“, sagte Hartmann. Biodiesel mag zwar im Fahrzeug weniger CO2-Emissionen freisetzen, allerdings verursacht die Herstellung aus Palmöl wesentlich mehr CO2 als die Herstellung aus fossilen Brennstoffen. Denn für die Palmölplantagen in Indonesien wird der Regenwald abgeholzt, und Ölpalmen nehmen weniger CO2 auf als die Urwaldriesen. Doch nicht nur für Biosprit wird Palmöl genutzt, es steckt etwa in Tütensuppen, Salatdressing und Speiseeis. „In den vergangenen 40 Jahren ist mehr als ein Drittel des Regenwaldes auf der indonesischen Insel Borneo vernichtet worden“, sagte Hartmann. Sie war selbst vor Ort, um sich ein Bild des Raubbaus zu machen. Zwar sei der Hersteller für nachhaltiges Palmöl ausgezeichnet worden, doch die Produktion sei alles andere als nachhaltig. „Der Wald, der die Menschen in den Dörfern ernährt hat, ist vernichtet worden. Es gibt kein Holz mehr für den Bau von Booten, im verseuchten Wasser leben kaum noch Fische.“ Zudem würden die indigenen Bauern im Konflikt über Landflächen vertrieben. „Es ist nicht nur eine ökologische, sondern auch eine soziale Katastrophe“, sagte Hartmann.

In Bangladesh sieht es nicht anders aus. Aber hier heißt das Übel nicht Palmöl, sondern Shrimps. Sie werden in riesigen Aquakulturen gezüchtet. „Wo das Salzwasser den Boden berührt, wächst nichts mehr. Kein Gemüse, kein Futter für Ziegen oder Rinder“, sagte Hartmann. Die Schalentiere werden hauptsächlich für den westlichen Markt gezüchtet. Die Menschen in Bangladesh haben wenig von den Garnelenfarmen. Fast 80 Prozent des Ackerlandes seien durch Aquakulturen ersetzt worden. Eine Fläche, auf der 2,5 Millionen Tonnen Reis angebaut werden könnten. In einem Reisfeld fänden allerdings mehr Menschen Arbeit als in den Shrimpsfarmen.

Initiative vor Ort

Die Reisen hätten ihr die Augen geöffnet, sagte Hartmann. Nun versuche sie, mit ihren Recherchen zu zeigen, was der westliche Konsum andernorts anrichten kann. „Ich möchte die Menschen zu Wort kommen lassen, die davon betroffen sind. Ich möchte ihre Stimmen so ungefiltert wie möglich hierherbringen.“ Beeindruckt habe sie der Widerstand, den einige Kleinbauern gegen die Konzerne führen. „Ich glaube, dass es möglich ist, etwas zu bewegen. Der Schlüssel liegt darin, die Initiativen vor Ort zu unterstützen, wie die Kleinbauernverbände“, sagte Hartmann auf die Frage, was wir in Europa gegen die Zerstörung der Natur und der Verletzung von Menschenrechten tun können.