Im September vergangenen Jahres feierte der Wirt Hakim Schommers Abschied von seinem Finkennest. Seitdem steht das Haus leer. Foto: Ina Schäfer

Die SPD ärgert, dass die ehemaligen Kneipe Finkennest im Leonhardsviertel leersteht. Die Kulturinitiative Bohnenviertel hat Interesse.

S-Mitte - Die Adresse wäre ein weiterer Fall für den Leerstandsmelder, jene Initiative, die im Internet unvermietete Wohnungen anprangert: Das gesamte Haus an der Weberstraße 11 D steht leer, seit mehr als einem Jahr schon. Was zwar jener Mieterinitiative bisher entgangen ist, aber nicht Heinrich Huth, der für die Sozialdemokraten im Bezirksbeirat sitzt. Das Haus hat eine bewegte Geschichte, die im September vergangenen Jahres mit einer Abschiedsparty endete. Mit der gab der Wirt Hakim Schommers sein Finkennest auf, einen belebten und beliebten Treff vor allem der Schwulenszene.

Über dem Gastraum warten Wohnungen auf neue Mieter, wohl mindestens bis 2017. Der Bau muss kernsaniert werden. Er gehört der SWSG, der städtischen Wohnungsgesellschaft – zwangsweise. Die Stadt hatte das marode Haus gekauft, um den möglichen Einzug eines Rotlichtbetriebs vorbeugend zu verhindern und es ihrer Tochter überantwortet. Im nächsten Jahr sollen die Bauarbeiter anrücken.

Lokalpolitiker fordern Auskunft, was im Haus geplant ist

Die Leerstandsgruppe und Huth eint das Missfallen darüber, dass die Wohnungen ihren Zweck nicht erfüllen. Dieses Missfallen schrieb er in einem Antrag nieder. Den unterzeichnete neben der SPD die Gruppe SÖS Linke Plus und letztlich der gesamte Bezirksbeirat. Der Antrag wurde einstimmig verabschiedet. Die Lokalpolitiker fordern von der Wohnungsgesellschaft Auskunft darüber, was sie mit dem Haus plant und wann. Wobei Huth die Kneipe im Erdgeschoss ebenso wichtig ist wie die Wohnungen über ihr. Seit dem Ende des Finkennests „ist das einzige, was die Weberstraße belebt, ein Laufhaus“, sagt er – ein Bordell. Gastronomie, womöglich mit einem Kulturangebot, könne anderes Publikum ins Rotlichtviertel locken, meint er. Dies sei dringend nötig.

Womöglich erfüllt sich der Wunsch. In der vergangenen Woche war die Kulturinitiative Bohnenviertel zu Gast im Haus – für einen Besichtigungstermin. Die Gruppe ist zuvorderst bekannt für die Theaterstücke ihres Cheforganisators und Regisseurs Axel Clesle, bei denen Behinderte und Nichtbehinderte gemeinsam mit Profis spielen. Clesle ist seit geraumer Zeit auf der Suche nach einem Haus, in dem Sehbehinderte sowohl leben, als auch arbeiten können. Der Ursprungsgedanke war, unter den Wohnungen eine Werkstatt einzurichten, in der Räder und Möbel repariert werden.

Stattdessen eine Kneipe zu betreiben, hält Clesle zumindest nicht für abwegig. „Das Haus ist toll, die Wohnungen und der Kneipenraum sind verratzt, aber schön“, sagt er, „mal sehen, was man da machen kann.“ Eine Kneipe mit Kleinkunstbühne gehört unabhängig von der Lokalpolitik zu den Gedankenspielen. Einstweilen habe die SWSG ihn aufgefordert, ein schriftliches Konzept einzureichen – gleich ob mit Kneipe oder Werkstatt im Erdgeschoss. Allerdings gebe es mindestens noch einen weiteren Bewerber, einen Gastronomen. Nebenbei wird noch beratschlagt, ob Jazzer bis zum Beginn der Bauarbeiten interimsweise das ehemalige Finkennest für ihre Zwecke nutzen können.

Über die Höhe der Miete ist noch nicht gesprochen worden

Über einen entscheidende Punkt ist laut Clesle bei der Besichtigung allerdings nicht gesprochen worden: die Höhe der Miete nach der Sanierung. Die Bohnenviertel-Initiative finanziert schon ihr Theaterprogramm Jahr um Jahr nur mit Mühe und wechselnden Zuschüssen. Sowohl die Kulturbürgermeisterin Susanne Eisenmann als auch Politiker nahezu aller Fraktionen hatten für die Haushaltsberatungen Wohlwollen für die Bitte zugesagt, die Initiative dauerhaft zu fördern.

Beantragt hat dies aber nur die Fraktionsgemeinschaft SÖS Linke Plus. Nachdem Grüne und CDU sich für die Haushaltsberatungen zu einer Zweckgemeinschaft vereint, damit den Etat für die nächsten beiden Jahre faktisch untereinander aufgeteilt haben, stehen die Chancen für den Antrag nahe null.