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Integrationsministerin hält Leitfaden für überflüssig - CDU spricht von Ablenkungsmanöver.

Stuttgart - Es hatte einen Aufschrei der Empörung gegeben: Ein Leitfaden gegen Muslime sei das, wetterten Kritiker bei der Einführung gegen die schwarz-gelbe Regierung. Jetzt will Grün-Rot den Test trotz Nachbesserungen ad acta legen. "Ich bin dafür, das in Einzelgesprächen abzufragen", sagte Integrationsministerin Bilkay Öney (SPD) der dpa in Stuttgart. Ihre Gespräche mit dem Verfassungsschutz hätten ergeben, dass es keine Anhaltspunkte dafür gebe, dass der Leitfaden mehr Sicherheit gewährleiste. Die Verfassungsschützer hätten dies vielmehr verneint. Offenbar wurde auch in den über fünf Jahren seit Einführung des sogenannten Gesinnungstests kein Ausländer aufgrund dessen abgelehnt.

Die Integrationsministerin kann auf Rückendeckung aus dem Innenministerium und aus den Regierungsfraktionen zählen. Innenminister Reinhold Gall (SPD) sagte: "Die Abschaffung fordern wir seit langem." Aus seiner Sicht hat der Gesprächsleitfaden keine sicherheitspolitische Relevanz.

SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel erklärte: "Der Test hat den Nachteil, dass die schlauen Islamisten nicht sagen, dass sie Islamisten sind." Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Edith Sitzmann, hält den Leitfaden für ungeeignet. "Man kann die Leute nicht unter Generalverdacht stellen."

Demgegenüber bezeichnete der integrationspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion, Bernhard Lasotta, Öneys Ankündigung als "Ablenkungsmanöver von den eigentlichen Problemen der Integrationspolitik". Seit 2008 gelte der bundeseinheitliche Einbürgerungstest. "Einbürgerungsgespräche sind im Rahmen des Einbürgerungsverfahrens also ausdrücklich festgeschrieben." In Zweifelsfällen sei es auch richtig, die innere Haltung zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung zu überprüfen. "Dies ist kein genereller Gesinnungstest, wie immer wieder fälschlicherweise behauptet wird, sondern in begründeten Einzelfällen werden Einbürgerungswillige einem Gespräch unterzogen."

Der als Gesinnungstest für Einbürgerungsbewerber kritisierte Test hatte bei seiner Einführung Anfang 2006 international Empörung ausgelöst. Kritiker warfen dem damaligen Innenminister Heribert Rech (CDU) vor, der Leitfaden richte sich vor allem gegen Muslime.

Der umstrittene Leitfaden prüft in Zweifelsfällen die Hinwendung zur deutschen Werte- und Rechtsordnung. Mitte 2007 wurden nach weiteren heftigen Protesten zehn Fragen durch neun neue ersetzt. Fragen wie "Was halten Sie davon, dass in Deutschland Homosexuelle öffentliche Ämter bekleiden?" tauchten in dem Test seitdem nicht mehr auf. 20 der 30 Fragen wurden jedoch beibehalten.