Sie kurbeln das Leihgeschäft an; Mark und Michael Aechtler. Foto: Leif Piechowski

Ko-Konsum zum Geschäft gemacht: Via Internetbörsen benutzt man nicht täglich benötigte Dinge gemeinsam.

Stuttgart - Mark und Michael Aechtler haben den Ko-Konsum zum Geschäft gemacht. Mit ihrer Internet-Leih-Börse Leihdirwas sorgen sie dafür, dass jeder genau das haben kann, was er will, wann er will. „Wir sind davon überzeugt, dass es im Umkreis von 200 bis 300 Metern alles gibt, was ein Mensch benötigt“, sagt Mark Aechtler bei der Vorstellung einiger Stuttgarter Start-up-Unternehmen.

Von der 2010 gegründeten Leih-Börse profitieren beide Seiten, denn der Verleihende verdient etwas Geld und kann sich aussuchen, an wen er seinen Gegenstand verleiht. Gleichzeitig bekommt der Leihende für wenig Geld etwas, das er sich sonst vielleicht nicht leisten könnte. Auch die Zeit, in der man nicht genutzte Gegenstände verleihen kann, ist variabel.

Was kann man sich alles leihen? Vom Werkzeug und von Büchern über Spielekonsolen und Sportgeräte bis hin zu Technik und Kostümen. „Dauerbrenner ist das Darth-Vader-Kostüm“, meint Michael Aechtler. In drei Monaten sei es sechsmal gebucht worden.

Auf Alltagsgegenstände spezialisiert

Die Geschäftsidee scheint aufzugehen: Über 1000 Nutzer haben Leihdirwas schon für sich entdeckt – und es werden täglich mehr. „Am Anfang haben wir noch rumexperimentiert und wollten auch Unterkünfte und Autos vermieten“, berichtet Michael Aechtler. Nun, nach einem Jahr, hätten die Brüder jedoch ihre Richtung gefunden und spezialisierten sich auf Alltagsgegenstände.

„Viele unserer Kunden nutzen die Plattform auch, um Leute aus ihrer Nachbarschaft kennenzulernen“, verrät Aechtler. Die Vernetzung von Leuten stelle einen gewollten Nebeneffekt dar. Um diese Vernetzung zu unterstützen, gibt es inzwischen auch eine Stuttgarter Version der Leih-Börse, in der man sich nur Gegenstände aus der Region anbieten lassen kann.

„Die Schwaben sind intelligente Konsumenten“, sagt Michael Aechtler. Zwar kaufe man sich in der Region einen Anzug für 5000 Euro, doch eine Karaoke-Maschine für 250 Euro sei für die meisten Geldverschwendung. In der Region sei die Annahme daher sehr gut. Die Städteflucht unterstütze außerdem das Konzept, da hohe Lebenshaltungskosten in Großstädten oft vom Kauf nicht notwendiger Gegenstände abhielten.

Plattform, über die man gemeinsam Projekte bearbeiten kann

Die Idee des Ko-Konsums ist auch bei anderen jungen Stuttgarter Unternehmern zum Geschäft geworden. So gründeten Daniel Bohn und Sebastian Schröder Ende 2010 das Unternehmen Conceptboard, das eine Internetplattform zur Verfügung stellt, über die man weltweit in Echtzeit kommunizieren und gemeinsam an Projekten arbeiten kann.

„Derzeit haben wir 30.000 Nutzer“, sagt Kathleen Fritzsche von Conceptboard. Darunter seien auch Universitäten aus den USA, Nicaragua und Kanada. Während man bei Leihdirwas Objekte teilt, teilt man bei ihnen Informationen, kann Konzepte direkt bearbeiten und Rückmeldung geben. Die Plattform ist ohne Installation direkt über den Browser nutzbar, der private Basis-Account ist sogar kostenlos.

Auch das 2009 gegründete Start-up-Unternehmen Gloveler beschäftigt sich mit dem Teilen: nämlich mit dem Teilen von Wohnraum. „Wir vermieten günstig Unterkünfte von privaten Anbietern“, erzählt Armin Harbrecht, einer der Gründer. Zu den Kunden zählten nicht nur Touristen, sondern auch Geschäftsleute und Montagearbeiter. „Wir kombinieren den Gedanken der Gastfreundlichkeit mit der Möglichkeit, etwas Geld zu verdienen“, so Harbrecht. 30.000 Schlafplätze bietet das Online-Portal derzeit an, 25.000 davon in Deutschland.

Immer mehr Unternehmen drängen mit neuen Ideen auf den Markt

Bei der im August 2010 gegründeten privaten Autovermietung Autonetzer teilen sich viele Menschen ein Auto. „Wir haben bundesweit 1000 Autos“, sagt Markus Gößler, der Geschäftsführer von Autonetzer. Die Online-Plattform ermögliche es, sein Auto zu verleihen, wenn es gerade nicht gebraucht würde, aber auch sich beispielsweise ein Auto für einen Umzug oder eine Shopping-Tour zu leihen. „Wir haben eine Extra-Police mit der R&V-Versicherung geschlossen, so dass alle Beteiligten abgesichert sind“, betont Gößler. Auch ein Schutzbrief sei dabei.

Die Stuttgarter Start-up-Szene ist stark, immer mehr junge Unternehmen drängen mit neuen Ideen zum Thema Ko-Konsum auf den Markt. Schon jetzt kann jeder Bewohner der Landeshauptstadt alles haben, ohne es zu besitzen. Wer weiß, vielleicht fährt bald ein intelligenter, schwäbischer Konsument mit einem geliehenen Porsche im Darth-Vader-Kostüm zu seinem privat gemieteten Penthouse auf dem Killesberg, wo er ein Live-Meeting über Conceptboard abhält.