Die Justizvollzugsanstalt in Bruchsal Foto: dpa

Mit mehr Ärzten und Psychiatern in den Gefägnissen in Baden-Württemberg ließen sich Vorfälle wie der Tod eines Häftlings in der JVA Bruchsal verhindern. Zu diesem Ergebnis kommt eine Expertenkommission.

Stuttgart - Nach dem Hungertod eines psychisch kranken Häftlings soll das Land nach der Empfehlung einer Expertenkommission die medizinische Betreuung von Gefangenen ausbauen. Alle Anstalten, die mehr als 400 Haftplätze haben, sollen einen zusätzlichen Gefängnisarzt erhalten, wie das Justizministerium am Freitag mitteilte. Darunter fallen neun Einrichtungen, unter anderem Bruchsal, Mannheim und Freiburg. Weiteres Personal in der ärztlichen Betreuung und im Justizvollzug steht ebenfalls zur Debatte.

Die Grünen unterstützen die Empfehlungen. Die FDP sieht die Bekanntmachung als Manöver an, von den Versäumnissen des Ministers Rainer Stickelberger (SPD) abzulenken.

Der Ständige Ausschuss will am kommenden Donnerstag erneut den Minister in nicht-öffentlicher Sitzung zum Hungertod des Häftlings in der Justizvollzugsanstalt Bruchsal befragen, wie der Landtag mitteilte. Ein Gutachten im Auftrag der Staatsanwaltschaft Karlsruhe kam kürzlich zu dem Ergebnis, dass der Mann an einer krankhaften Störung der Geistestätigkeit gelitten hatte, die hätte behandelt werden können. Er saß zuletzt in nicht genehmigter Einzelhaft und war im August verhungert.

FDP kritisiert Stickelberger

„Mit seiner heutigen Bekanntmachung des Zwischenberichts der Kommission will der Justizminister offensichtlich Stärke demonstrieren“, sagte der Fraktionsvorsitzende der FDP, Hans-Ulrich Rülke. Er verwies erneut auf die politische Verantwortung des Ministers in dem Fall. Die Empfehlungen der Kommission unterstützt die FDP allerdings.

Teil der Vorschläge ist auch, zusätzliche externe Psychiater und Psychotherapeuten in die Behandlung der Gefangenen landesweit einzubinden. Weitere Fachpfleger für Psychiatrie sollen die Ärzte unterstützen. Auch soll es mehr Stellen für Justizvollzugsbedienstete geben.

Um wie viele Stellen und Ärzte es gehen könnte, lässt das Ministerium nach eigenen Aussagen aktuell prüfen. „Ich werde mich mit voller Kraft dafür einsetzen, dass notwendige strukturelle Verbesserungen im Justizvollzug zeitnah umgesetzt werden“, sagte Stickelberger. Die Höhe der Kosten ist demnach noch offen. Gespräche mit dem Finanzministerium liefen. Am 11. Mai will die Kommission unter der Leitung eines führenden Beamten des Ministeriums Details präsentieren.

"Behandlung psychisch auffälliger Gefangener intensivieren"

Die Grünen beurteilen die Empfehlungen der Kommission positiv. „Die bisherigen Erkenntnisse zum Todesfall in Bruchsal haben gezeigt, dass es Handlungsbedarf bei der medizinischen Betreuung gibt“, sagte der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Jürgen Filius. „Uns ist deshalb wichtig, dass die Behandlung psychisch auffälliger Gefangener intensiviert wird.“

Stickelberger hatte die Kommission zum Umgang mit psychisch auffälligen Gefangenen nach dem Hungertod des Häftlings eingesetzt. Die Staatsanwaltschaft Karlsruhe ermittelt weiterhin wegen des Verdachts der fahrlässigen Tötung gegen den vorläufig suspendierten Anstaltsleiter und eine Ärztin.

2013 lebten in den Gefängnissen im Südwesten laut Ministerium 2603 psychisch auffällige Gefangene - fast jeder siebte aller Gefangenen in dem Jahr.