Hähnchen goldbraun: Per Thermometer überprüfen die Kontrolleure die Temperatur von gelagerten und zubereiteten Speisen. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie - wir warnen Sie auch, bevor es richtig eklig wird. Foto: Hörner

Nichts für sensible Mägen: Was Lebensmittelkontrolleure in Stuttgart zu sehen bekommen.

Stuttgart - Immer öfter werden die städtischen Lebensmittelkontrolleure fündig. 2010 hat jeder zweite überprüfte Betrieb Mängel aufgewiesen. Doch gleichzeitig sinkt der Personalstand der Verbraucherschützer. Das ist besonders kritisch, weil neue Aufgaben drohen - etwa die öffentliche Auszeichnung mit Smiley-Symbolen.

Es ist eine Fotogalerie des Ekels. China-Enten auf dem Küchenboden, Kakerlaken beim Bäcker, Algen in der Eismaschine der Cocktailbar, Meerschweinchen, die im Altglascontainer grausam entsorgt werden. Die Liste ließe sich fast endlos fortsetzen. Was die Mitarbeiter der Dienststelle Lebensmittelüberwachung, Verbraucherschutz und Veterinärwesen im Alltag zu sehen bekommen, ist nichts für sensible Mägen. "Bei manchem herrscht kein großes Unrechtsbewusstsein", sagt der Leiter Thomas Stegmanns und erzählt von der Gaststätte, in der die Kontrolleure gerade dazu kamen, als verschimmelte Paprika in den Salat geschnitten wurden.

Die Hälfte der kontrollierten Betriebe wurden beanstandet

5125 der 11.040 Lebensmittelbetriebe in der Stadt sind im vergangenen Jahr überprüft worden. Das ist eine Quote von 46,7 Prozent und damit die niedrigste überhaupt. Noch fünf Jahre zuvor lag sie bei 56 Prozent. Dennoch gab es bei gut 53 Prozent der kontrollierten Betriebe Beanstandungen - das ist ein Rekordwert. "Offenbar haben wir bei unseren Besuchen die Richtigen erwischt", sagt Stegmanns. 66 Betriebe wurden geschlossen, mancher Geschäftsmann machte danach Bekanntschaft mit der Staatsanwaltschaft. Zudem sind die städtischen Mitarbeiter 340 Beschwerden nachgegangen und haben 3300 Proben genommen. Das zeige, wie wertvoll die Arbeit für den Verbraucherschutz sei, so Stegmanns.

Ansonsten aber hat der Dienststellenleiter wenig Grund zur Freude. Seit wegen der Verwaltungsreform der frühere Wirtschaftskontrolldienst der Polizei aufgelöst worden ist und die Stadt die Aufgaben übernehmen musste, ist die Zahl der Kontrolleursstellen von 24 auf 18 gesunken. Und die können noch nicht einmal voll besetzt werden. "Es gibt in Deutschland zu wenig Personal", sagt Stegmanns. Mitarbeiter würden immer wieder von anderen Kreisen abgeworben, weil dort das Leben günstiger sei. Innerhalb von sechs Jahren ist so das gesamte Personal in Stuttgart ausgetauscht worden. Von Januar an erwartet er deshalb nur noch 15 besetzte Stellen. Man versuche, die Lücken mit eigenen Auszubildenden zu schließen, komme aber nicht hinterher.

Stuttgart hat eine verhältnismäßig hohe Kontrollquote

"Wir konnten bisher unser hohes Niveau mit großen Anstrengungen halten", formuliert Ordnungsbürgermeister Martin Schairer die Lage wohlwollend. Tatsächlich liegt die Kontrollquote in Stuttgart noch immer deutlich über der des Landes. Dort beträgt sie nur rund 30 Prozent. Allerdings weist die Landeshauptstadt auch eine andere Struktur auf. Zuletzt hat das für die Bezahlung zuständige Land 66 neue Stellen bewilligt - keine davon in Stuttgart. "Wir haben Stellen beantragt", sagt Schairer und hofft, wenigstens einen zusätzlichen Auszubildenden zu bekommen. "Wir werden das auch im Rahmen der nächsten städtischen Haushaltsberatungen ansprechen", so der Ordnungsbürgermeister.

Das ist auch deshalb wichtig, weil stetig neue Aufgaben auf die Kontrolleure zukommen. Auf Bundesebene wird derzeit ein Kontrollbarometer für Betriebe diskutiert, die je nach Bewertung mit Smiley-Symbolen gekennzeichnet werden sollen. "Das wird kommen", sagt Schairer. Die Stadt sehe das kritisch, weil die Regelung sehr personalintensiv sei. Schlecht bewertete Betriebe würden in diesem Fall wohl alle Mittel auszuschöpfen versuchen, um den Makel loszubekommen. Auch Schulungen und Überwachungen in Ganztagsschulen oder Kindertagesstätten nehmen zu. "Der Personalmangel wird deshalb zu weiteren Einschränkungen führen", fürchtet Stegmanns.