Von Praunheim mit Wirtin Laura (Mitte) und Sozialarbeiterin Sabine Constabel. Foto: Leif Piechowski

Feuerrot sind ihre Haare, und groß ist ihr Herz: Seit über 30 Jahren engagiert sich die Wirtin Laura Halding-Hoppenheit gegen Aids und für Toleranz. Regisseur Rosa von Praunheim will ihr im Kino ein Denkmal setzen. Gerade dreht er den Film „Laura – das Juwel von Stuttgart“.

Stuttgart - „Wir zwei sind Dinos“, sagt die gebürtige Rumänin. Sie meint sich und den in Lettland geborenen Regisseur. Seit den 1980er Jahren sind die beiden befreundet, die Chefin des Stuttgarter Kings Club, eines der ältesten Schwulenclubs der Republik, und der Berliner Filmemacher, der 1991 für einen Skandal der Fernsehgeschichte sorgte, als er Promis wie Hape Kerkeling und Alfred Biolek zwangsgeoutet hat. Die Krawallzeiten sind längst vorbei. Im vergangenen November ist Rosa von Praunheim 70 Jahre alt geworden – er hat ein Alter erreicht, in dem man reflektiert, über sein bisheriges Leben nachdenkt und sich noch einige Wünsche erfüllen kann. Konzentriert und ruhig gibt er beim Dreh seine Anweisungen.

Einer seiner Wünsche ist es, der Welt mitzuteilen, was für eine faszinierende Frau in Stuttgart lebt. Es hat eine Weile gedauert, bis die Finanzierung für das „Juwel von Stuttgart“ stand. Doch nun wird Tag für Tag, Nacht für Nacht gedreht. Getreu Lauras Motto „Das Leben ist nicht nur Party“ begleitet von Praunheim die Wirtin in den Kings Club, aber auch an Orte, an denen sie sich im Kampf gegen Aids ehrenamtlich engagiert. So kam das Filmteam ins La Strada, das Café für Prostituierte und Stricher im Leonhardsviertel. „Seit wann kennen wir uns?“, fragt Laura die Café-Chefin Sabine Constabel, die beim Gesundheitsamt arbeitet. „Seit 20 Jahren“, antwortet sie, „seit 20 Jahren bezahlst du uns Dolmetscherinnen.“

Der Ausländeranteil der Frauen, die in der Altstadt anschaffen, ist in dieser Zeit immer weiter angestiegen. Momentan kommen die meisten Huren aus Bulgarien, Ungarn und Rumänien und können nur wenig Deutsch. Etliche reisen mit ihren Müttern an, berichtet die Café-Chefin, und wissen oft gar nicht, auf was sie sich hier einlassen.

Freier zahlt in der Regel 30 Euro

Im La Strada sitzen oft Frauen „in einer Wolke aus Trauer“, berichtet die Sozialarbeiterin Sabine Constabel, „viele sind schwer traumatisiert“. Sie kommen und essen gleich mal drei Teller Spaghetti, weil ihnen nur wenig Geld zum Leben bleibt. Das meiste müssen sie nach Hause schicken. Üppig ist der Verdienst auf der Straße nicht. Von einem Freier gibt es in der Regel 30 Euro – die tägliche Absteige kostet 160 Euro.

Rosa von Praunheim fragt präzise nach. Er will wissen, ob Kondome benutzt werden. Zwar liegen sie kostenlos aus im Prostituierten-Café, doch offensichtlich bestehen viele Freier darauf, keinen Schutz zu verwenden. „Wir erkennen das an der Zunahme der Geschlechtskrankheiten“, sagt Sabine Constabel. Der Regisseur erkundigt sich nach den HIV-Zahlen. „Bei den Frauen sind sie nicht so hoch wie bei den Männern, aber Tripper und Syphilis nehmen zu“, lautet die Antwort.

Im Café erfahren die Frauen und Männer, was ihnen beim Sex-Geschäft auf der Straße selten zuteilwird. „Hier bekommen sie Wertschätzung und Selbstbewusstsein“, sagt Laura. Schon vor Öffnung des La Strada stehen die Besucherinnen oft Schlange.

Der Regisseur hat sich als Vorkämpfer homosexueller Emanzipation ein Leben lang dafür eingesetzt, dass jeder zu sich stehen kann und sich nicht hinter einer Fassade verstecken muss. Jetzt steht der 70-Jährige, der mittlerweile 70 Filme gedreht hat, zum Älterwerden. „Mich macht es stolz, Falten zu bekommen“, sagt er, „solange man geistig frisch ist und Lust am Denken und Arbeiten hat.“ Sein Rezept fürs Fitbleiben hat er so beschrieben: „Ich trinke nicht, ich rauche nicht, aber ich habe viel Sex.“