Neue Wohnung für Wildbienen: Am Rand des geplanten Neubaugebietes wurden als Ausgleichsmaßnahmen Nistmöglichkeiten für die bedrohten Tierarten geschaffen. Foto: Chris Lederer

Der Umgang mit bedrohten Tierarten verzögert im Gebiet Langenäcker-Wiesert die Neubaupläne. In dem 8,8 Hektar großen Gebiet leben knapp 80 verschiedene Wildbienenarten.

Stuttgart-Stammheim - Erst war es der Ruf des Steinkauzes, nun sind es die summenden Honigsammler, weswegen das Baugebiet im Osten Stammheims nicht so schnell verwirklicht wird, wie es sich die Befürworter wünschen. In dem 8,8 Hektar großen Gebiet mit Äckern, Wiesen und Schrebergärten leben knapp 80 verschiedene Wildbienenarten. Viele von ihnen finden sich auf der sogenannten Roten Liste wieder und gelten als besonders schützenswert. Darunter etwa die hoch spezialisierte, geriefte Schmalbiene oder eine seltene Sandbienenart. Sie sind im Arten- und Biotopschutzprogramm des Landes Baden-Württemberg als besonders schützenswert eingestuft. Bevor auf dem Baugebiet die Bagger anrollen können, muss den Bienen durch Ausgleichsmaßnahmen neuer Lebensraum angeboten werden – den sie auch annehmen müssen. Keine Angelegenheit, die man bei der Stadtverwaltung auf die leichte Schulter nimmt, wie Karl-Theo Maurer vom Amt für Stadtplanung und Stadterneuerung schildert: „Es liegt in erster Linie an der erforderlichen Sorgfalt, mit der wir die Ausgleichsmaßnahmen in Langenäcker-Wiesert durchführen, weshalb sich das Verfahren so lange dauert.“ Für die Wildbienen habe man schon in den benachbarten Wiesen Ausweichquartiere geschaffen. „Es wurden Sand- und Erdhügel errichtet, dort sollen die Wildbienen künftig nisten.“ Um ihnen den aktuellen Wohnort zu verleiden und sie zum „Umzug“ zu bewegen, sollen als weitere Maßnahme die Wiesen des Neubaugebietes gemäht werden. Dort befinden sich jedoch zahlreiche Kleingärten noch in Privatbesitz.

Die Stadt kann erst auf diese Grünflächen zugreifen, wenn die amtliche Umlegung vollzogen ist. Und die Umlegung hängt wiederum vom Stand des Bebauungsplanverfahrens ab. Erst wenn der Gemeinderat den Satzungsbeschluss gefasst und der Bebauungsplan rechtskräftig ist, kann das Umlegungsverfahren vollends zu Ende gebracht werden – dann erst hat die Stadt Zugriff auf die Wiesen.

Der Straßenbau könnte im ersten Quartal 2015 starten

Anfang dieses Jahres waren die Pläne ausgelegt worden, konnten Bürger und Initiativen Anregungen zum Projekt vorbringen. „Es gab einige Anregungen, darunter auch ein Sammeleinwand einer Bürgerinitiative, die aus zahlreichen Gründen gegen die Bebauung ist“, erklärt der Stadtplaner Maurer. Vorgebracht würden Argumente mit Bezug zum Natur-, Arten und Klimaschutz, auch sei es ein unnötiger Eingriff ins Landschaftsbild und erzeuge zu viel Verkehr, um nur einige Beispiele zu nennen. „Wir gehen mit allen Argumenten um und bitten die beteiligten Ämter um Stellungnahmen – das ist mit hohem Aufwand verbunden.“ Die Stellungnahmen fließen in den möglichst endgültigen Bebauungsplan, den der Gemeinderat zu beschließen hat. „Wir bemühen uns, dass der Satzungsbeschluss noch in diesem Jahr dem Gemeinderat vorgelegt werden kann.“

Wenn alles nach Plan läuft und die Stadträte zustimmen, dann könnte mit dem Straßenbau im ersten Quartal 2015 begonnen werden. „Der Hochbau ist entsprechend für Ende 2015 vorgesehen“, sagt Maurer. „Dann könnten im Idealfall die ersten Häuser im Jahr 2016 fertig werden.“ Geplant sind in Langenäcker-Wiesert 320 Wohneinheiten. Dass es in dem Gebiet Wildbienen gibt, ist seit 2005 bekannt. In den Jahren 2005 und 2007 wurde ihr Bestand dokumentiert und kartiert. Den Baubeschluss für Langenäcker-Wiesert hat der Gemeinderat bereits 2003 gefasst. Anfangs hatte sich das Projekt verzögert, weil die Umlegung der Grundstücke, sozusagen die neue Aufteilung des Areals, auf freiwilliger Basis erfolgen sollte. Dagegen hatten sich aber Eigentümer gewehrt, worauf eine amtliche Umlegung eingeleitet wurde.