Tanz, Theater, Musik und Multimedia vereinigten junge Leute zu einer ungewöhnlichen Performance im Blauen Haus. Foto: factum/Weise

Bei der städteübergreifenden Langen Nacht der Museen flanieren Tausende durch die Kulturräume. Junge Leute locken mit einer außergewöhnlichen Performance ins Blaue Haus, in Sindelfingen wollen alle ins unterirdische Depot.

Böblingen/Sindelfingen - Die Museen waren voll, doch der Marktplatz war leer. Anders als in den Vorjahren, als bewegte Bilder die Fassaden der Gebäude am Böblinger Marktplatz verwandelten, hatte man in diesem Jahr bei der Langen Nacht der Museen aus finanziellen Gründen auf spektakuläre Projektionen verzichtet. „Sehr schade“, meinten viele Besucher. „Wir kommen vor allem wegen der Illumination hierher“, sagte eine enttäuschte Passantin.

Doch auf multimediale Inszenierungen mussten die Besucher nicht ganz verzichten. Im Blauen Haus boten junge Leute eine ganz besondere spartenübergreifende Inszenierung an. „Art Of Emotions“ hieß das Projekt, das Musik, Videoinstallationen, Tanz und Theater miteinander verband. Die Musiklehrerin Alona Negrich hat es mit ihren Schülern des Böblinger Max-Planck-Gymnasiums entwickelt. Das gesamte Blaue Haus wurde zur Bühne für die ungewöhnliche Performance, die mehrmals am Abend wiederholt wurde. Dicht gedrängt und tief beeindruckt standen die Zuschauer.

Noch höher war der Drängelfaktor nur im Sindelfinger Stadtmuseum, das sich bei dieser Langen Nacht als der Hotspot auf Sindelfinger Seite entpuppte. Als die Band If you wanted to die ehrwürdigen Mauern des historischen Baus zum Zittern brachten, gab es kein Durchkommen mehr. Seit 40 Jahren gibt es die Band, die Musiker sind mittlerweile etwas angegraut, ähnlich wie das nichtsdestotrotz begeisterte Publikum. Gewürdigt wird die lokale Gruppe auch in der am Samstag eröffneten 1970er-Jahre-Ausstellung, die sich bereits am ersten Tag zum wahren Renner entwickelte. „Die Leute kommen in Scharen“, freute sich Museumschefin Illja Widmann.

Rinderbäckle im Fleischermuseum

Sehr zufrieden mit der Resonanz war auch Madeleine Frey, die neue Chefin der Städtischen Galerie, die zum ersten Mal bei der Langen Nacht dabei war. Besonders gefragt waren bei den Besuchern die Führungen durch das Depot im Keller des Hauses, wo die Kunstschätze lagern. Aber auch das Künstlergespräch mit Alexander Janz sei sehr gut angenommen worden, sagte Frey.

In der Nachbarstadt Böblingen war wieder das Fleischermuseum ein Anziehungspunkt. Im Erdgeschoss labten sich die Gäste an den geschmorten Rinderbäckle – ein Traditionsessen, das für viele zur Langen Museumsnacht gehört. Auf viel Interesse stieß im Obergeschoss die Ausstellung „Schlachtplatte“, bei der der neue Museumschef Christian Baudisch Plattencover mit tierischen und kulinarischen Motiven zeigt: von „Max und Moritz“-Hörspielen für Kinder über Volksmusik-Scheiben bis hin zu Rockschallplatten von Meat Loaf oder den Toten Hosen.

Einen Stock tiefer stand der Mal-mich-Kasten: Zwei Künstlerinnen porträtierten innerhalb von vier Minuten die Besucher – wahlweise in Farbe oder Schwarz-Weiß. Nicht nur bei den Kindern wie der neunjährigen Sofie kam das gut an. „Das sieht ja aus wie ich“, freute sich das Mädchen. Auch viele Erwachsene standen geduldig Schlange für ein Porträt.