Die Landwirtschaft in Rumänien ist noch durch sehr viele Kleinbauern geprägt. Foto:  

In Schwäbisch Hall diskutieren Landwirte aus 50 Ländern. Für die UNO soll eine Charta der Bauernrechte erarbeitet werden. Viele Kleinbauern hoffen auch auf den Aufbau regionaler Märkte für Bioprodukte.

Schwäbisch Hall - Als der hagere Herr aufsteht, ist Erstaunliches zu sehen: Simionescu Daniel trägt eine Soutane. Der Träger des schwarzen Priestergewandes ist als einer von 400 Teilnehmern zum weltweit ersten umfassenden Bauernkongress nach Schwäbisch Hall gekommen. Dort hält er aber keine Predigt, sondern will zusammen mit seinen Kollegen aus 50 Ländern für die Rechte der Kleinbauernkämpfen: Als Ergebnis des Treffens in Hohenlohe soll in der kommenden Woche eine Charta für die Vereinten Nationen verabschiedet werden.

Daniel nämlich ist beides: Pfarrer und Landwirt. Auf dem Hof in den Karpaten arbeitet er mit seiner Frau und den Eltern. Der Hof ist klein, im Stall stehen nur sieben Kühe und es ging schon mal besser. Früher, so erzählt er, konnte Milch für 25 Cent oder etwas mehr verkauft werden. Doch vor etwa zehn Jahren hat eine französischer Konzern die kleine Molkerei im Dorf gekauft – jetzt gibt es nur noch 18 Cent pro Liter. Davon kann der Mann aus den Karpaten natürlich nicht leben: „Das Einkommen kommt etwa zur Hälfte aus der Landwirtschaft, zur anderen Hälfte aus dem Pfarrergehalt.“

Pflanzenschutzmittel schwächen die Bienen

Wie ihm geht es offenbar so manchem rumänischen Kleinbauern. Auch der gelernte Agraringenieur Ioan Soirin Duma hat einen Zweitberuf: Nebenher pflegt er Grünanlagen für die Kommune und für Privatleute. Auf acht Hektar pflanzt er für den Wochenmarkt beispielsweise Mais und Kürbisse an. Bevor Rumänien in die EU kam, waren seine Flächen weit größer, zudem standen 20 Schweine im Stall. Doch wegen des Drucks auf die Preise hat Duma die Schweinezucht aufgegeben. Seine Hoffnung: irgendwann werde sich in der Stadt Sibiu in der Nähe seines Hofes ein Markt für Bioprodukte auftun. „Wir helfen den Bauern dabei“, sagt Carmen Catuna Boca, Präsidentin von Ecoland Rumänien. Dass dies so einfach nicht ist, kann man von Bernolf Weiss erfahren, der ebenfalls aus der Nähe von Sibiu kommt. Auch Weiss ist Kleinbauer, zusammen mit Frau und Schwiegereltern treibt er den Hof um, unter anderem hat er 150 Bienenvölker. Kühe hat er wegen gesunkener Preise für Milch und Fleisch keine mehr im Stall. Die Bienen bringen ihm im Jahr eine große Menge Honig, der exportiert wird. Probleme bereiten ihm die Pflanzenschutzmittel der Großbauern. Diese, so vermutet er, schwächten die fleißigen Insekten, die Honigausbeute gehe zurück. Auch Weiss hofft auf den Aufbau eines Marktes für regionale Ökolebensmittel.

Probleme mit dem Saatgut

Das ist genau das, was Bioland in Deutschland schon lange propagiert. In Rumänien aber stehe man damit noch ganz am Anfang, meint Gerald Wehde, Geschäftsführer für Agrarpolitik bei der Ökoorganisation. „Vor allem aber müssten sich die Bauern zusammenschließen, um einen derartigen Markt zu entwickeln.“ Gerade in den noch weniger entwickelten Ländern etwa könnten die Bauern beispielsweise Genossenschaften gründen, meint Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes.

Die Misere etwa der Kleinbauern in Afrika aber dürfe nicht den deutschen und europäischen Landwirten in die Schuhe geschoben werden, wie das vielfach geschehe: „Europa importiert immer noch mehr Lebensmittel als es ausführt.“ Aus Afrika, genauer aus Simbabwe, kommt Elizabeth Mpofu, Bäuerin und Präsidentin der Bauernvereinigung La Via Campesina. Sie hält etliche Schafe, einige Ziegen, träumt ebenfalls von künftiger Ökolandwirtschaft, klagt aber über hohe Kosten für die Zertifizierung und fürchtet einen Vertrag, der den Saatkonzernen den Markt öffnet – mit dem Ergebnis, dass die Bauern Saatgut von diesen benutzen müssten und ihre eigenen, jahrhundertealten Zuchtmethoden nicht mehr anwenden könnten.

Rudolf Bühler, der Wiederentdecker des Hällischen Landschweins und einer der Initiatoren des von der von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) geförderten Kongresses, sieht die kleinen Landwirte gleich doppelt in die Zange genommen: von Saatzuchtkonzernen auf der einen, von den großen Lebensmittelketten auf der anderen Seite. Bühler kauft nicht nur der serbischen Bäuerin Valeria Balint ihr Öko-Paprikapulver für seine Hohenloher Würste ab, sondern erinnert auch immer wieder gerne an den Bauernkrieg von 1525. „Wir müssen zusammenstehen“, ruft er den Kongressteilnehmern zum Auftakt zu, „it’s time to unite.“