Kunstfälscher Driessen auf der Anklagebank Foto: dpa

Der Holländer Robert Driessen muss sich vor dem Landgericht Stuttgart für über tausend Giacometti-Nachbildungen verantworten.

Stuttgart - So einfach wurde es dem Landgericht Stuttgart bei der Wahrheitsfindung selten gemacht: „In den letzten 20 Jahren wurde er einer der erfolgreichsten Kunstfälscher der Welt. Er hat Museen, Galerien und jedes große Auktionshaus hinters Licht geführt“, steht auf Robert Driessens Internetseite. Im Jahr 2013 hat der Kunstfälscher aus Holland, der sich seit Mittwoch vor der 11. Großen Wirtschaftsstrafkammer verantworten muss, dem „Spiegel“ gesagt, wer seine Fälschungen kaufe, sei selber schuld.

Dem 56-Jährigen wird vorgeworfen, im Zeitraum von 2003 bis 2009 Arbeiten des Schweizer Künstlers Alberto Giacometti gefälscht und zusammen mit seiner Bande Millionen abgesahnt zu haben. Verhandelt werden 4,75 Millionen Euro, die die Betrüger von Kunstsammlern, Museen und Galerien für die Plagiate erbeuteten. Darunter auch ein mittlerweile verstorbener Kunstliebhaber aus Stuttgart-Degerloch, weswegen der Prozess in der Landeshauptstadt geführt wird. Fälle, die älter als zehn Jahre sind, sind verjährt. Driessen hat mit 1300 Plagiaten mehr Werke hergestellt als der Meister selbst – einer New Yorker Galerie wollte die Gaunerbande Hunderte Giacometti-Fälschungen im Wert von über 50 Millionen Euro andrehen und scheiterte nur knapp in den Verhandlungen. Reue, sagte Driessen einst in einem Interview, empfinde er nicht. Kein leichter Fall für seinen Verteidiger Werner Haimayer.

Nachdem der Angeklagte mit spitzbübischem Charme betonte, die Werbeslogans auf seiner Webseite habe nicht er sich ausgedacht, sondern seien die Worte von Reportern, fühlte Haimayer sich genötigt, einzugreifen: „Mein Mandant will sich zukünftig Gedanken über sein Handeln machen.“

Das räumte der Kunstfälscher auch ein. „Ja, es tut mir leid, dass Menschen dadurch Schaden entstanden ist.“ Größere Worte der Anerkennung findet Driessen aber für sein künstlerisches Vorbild, den großen Giacometti: „Super, genial, einfach!“, geriet er ins Schwärmen. Für Driessens eigene Kunst habe sich niemand interessiert. „Die Leute wollen auf Kunstwerken lieber keinen Namen sehen als Driessen“, provoziert er.

Denn nicht nur die Signatur Giacomettis wurde gefälscht, nicht nur die Urkunden – die Fälscherbande brachte sogar ein Buch mit dem Titel „Diegos Rache“ in den Handel, der die Kunstwelt glauben machen sollte, Diego Giacometti, Albertos Bruder, hätte einen riesigen Kunstschatz des Bruders gehortet, der entdeckt worden sei.

Autor des Werkes war ein Bandenmitglied, das unter dem Namen Reichsgraf von Waldstein firmierte und pflegte, im Rolls-Royce vorzufahren. In Wahrheit ein Hochstapler, ein titelloser Lokführer aus Schwerin, der behauptete, ein guter Freund Alberto Giacomettis zu dessen Lebzeiten gewesen zu sein. Er und weitere drei Mitglieder der Bande wurden bereits verurteilt.

Die Betrüger gingen 2009 einem verdeckten Ermittler des Landeskriminalamts Baden-Württemberg auf den Leim. Dies führte zur Ergreifung der Kunstbetrüger. Der einzige, der der Polizei nicht ins Netz ging, weil er in Thailand lebte: Robert Driessen.

Vergangenes Jahr erwischten die Behörden auch ihn, als er vom Flughafen seiner Wahlheimat nach Europa reisen wollte. Seitdem befindet er sich in Stuttgart-Stammheim in Untersuchungshaft. „Kalt“ sei es hier, ärgerte er sich bei seiner Anhörung. Und dass er Wein trinken würde, wie Medien behaupten, stimme auch nicht: „.Ich trinke Bier. Und habe in der Untersuchungshaft vergessen, wie es schmeckt“.

Seinen Humor hat Driessen jedenfalls nicht verloren. Vielleicht kommt das noch, wenn er jahrelang ins Gefängnis muss, wie es seinen Mitstreitern ergangen ist. Denn die Haft ist nichts für Driessen: „Als ich Briefe an meine Liebe in Thailand schicken wollte, kamen sie zurück.“ Vielleicht hätte er sie frankieren sollen. Oder seinem Ruf mit gefälschten Briefmarken alle Ehre machen.