Justitia befasst sich in Stuttgart mit einem 46-Jährigen, der seine Stieftochter missbraucht haben soll Foto: dpa

Das Landgericht Stuttgart hat einen Sexualstraftäter zu drei Jahren und zehn Monaten ohne Bewährungschancen verurteilt. Er hat sich mindestens 28-mal an seiner Stieftochter vergangen.

Stuttgart - Déjà-vu am Stuttgarter Landgericht: Nachdem bereits in den letzten Wochen der Fall eines 46-Jährigen verhandelt worden war, der seine Stieftochter missbraucht haben soll, gab es jetzt einen fast identisch gelagerten Fall.

Die Staatsanwaltschaft hat einem ebenfalls 46 Jahre alten Mann vorgeworfen, die Tochter seiner ehemaligen Lebensgefährtin zwischen dem zwölften und vierzehnten Lebensjahr in mindestens 28 Fällen sexuell missbraucht zu haben. Jetzt wurde er vor der 2. Großen Strafkammer wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit Vergewaltigung in sechs Fällen zu der Gesamtfreiheitsstrafe von drei Jahren und zehn Monaten ohne Bewährungschancen verurteilt.

Im Gegensatz zu dem Angeklagten, dessen Fall zuvor verhandelt wurde, brach der Beschuldigte des aktuellen Verfahrens sein Schweigen recht früh: Er hatte während des zweiten Verhandlungstags einen Teil der Vorwürfe eingestanden, widersprach den Anschuldigungen aber auch zum Teil und witterte eine Verschwörung gegen sich. Das Gericht schenkte seinen Ausführungen nur teilweise Glauben.

Missbrauch am Mittag

Immer mittags, wenn die Mutter nicht da war, soll der Angeklagte sich im Zeitraum von Dezember 2013 bis Juli 2015 in Stuttgart-Mühlhausen an der Tochter der Frau vergangen haben, heißt es in der Anklageschrift. Das erste Mal, als das damals zwölfjährige Opfer einen Mittagsschlaf machte und aufgrund einer Schilddrüsenerkrankung so tief geschlafen hatte, dass es den Vollzug des Geschlechtsverkehrs erst danach bemerkt haben soll.

Beim nächsten Mal hat sich das Mädchen schlafend gestellt. Hier habe das junge Opfer die Gewissheit erhalten, dass es mit seiner Vermutung richtiglag. Doch anstatt abzulassen, als die Stieftochter ihren Unwillen mitteilte, machte sich der Mann weiter an ihr zu schaffen. Heftigere Gegenwehr in späteren Fällen soll er mit Gewalt beantwortet haben.

Angeklagter beschuldigt Mutter

Der Angeklagte behauptete während der Verhandlung, dass gegen ihn intrigiert werde – von der Ex-Lebensgefährtin, von deren guter Freundin, von einem Nachbarn. „Die Mutter des Mädchens hat mir bereits ein halbes Jahr bevor sie zur Polizei gegangen ist, damit gedroht, mich wegen so was anzuzeigen“, sagte er. Außerdem führte die Verteidigung die Stundenzettel des Angeklagten ins Feld, die den Missbrauch am Mittag unmöglich machten. Der Angeklagte schilderte die Verhältnisse weiter: Die Mutter des Opfers prügle die Tochter, wenn sie als Quartalssäuferin oft tagelang betrunken sei, und sei auch ihm gegenüber handgreiflich geworden. Außerdem habe sie mit verschreibungspflichtigen Medikamenten gehandelt. In der Wohnung würde trotz Kindern Sexspielzeug und Pornofilme offen herumliegen. Außerdem konsumiere die Frau viel Marihuana.

Womöglich ein Fall fürs Jugendamt. Aber sexuelle Gewalt gegen Kinder ist ein Fall fürs Gericht. Darüber kann sich der Mann im Gefängnis Gedanken machen.