Ministerpräsident Winfried Kretschmann tanzt mit seiner Frau auf dem Presseball. Klicken Sie sich durch unsere Bildergalerie. Foto: Leif Piechowski

Eins, zwei, Wiegeschritt. Der Paartanz lebt. Beim Landespressball geht’s nicht alleine, nur zu zweit. So fanden wir allerlei Pärchen, liebende, grummelnde, innige, gespaltene. Eine Frage ließ sich aber nicht klären: Führt beim Koalitionswalzer nun Grün oder Rot?

Stuttgart - Es war sein letzter Tanz. Keine Angst. Oberbürgermeister Wolfgang Schuster ist noch fit. Aber in offizieller Mission wird er Gattin Stephanie nicht mehr in der Liederhalle aufs Parkett führen. Bald geht er in den Ruhestand, und dann darf er als Pensionär auf den Landespresseball kommen. Und zuschauen, wie sich Nachfolger Fritz Kuhn beim Walzer anstellt. Der war am Freitagabend nicht in der Liederhalle. „Er will bis zu seiner Amtseinführung im Januar auf alle offiziellen Auftritte verzichten“, habe er den Organisatoren mitgeteilt, sagte Jens B. Fink von der Ballkommission. Ein OB auf Abruf und ein OB in spe, das wäre ein schönes Paar gewesen. Und Schwarz-Grün hätte den Pas de deux probieren können. Beim Walzer gibt’s ja auch keinen Streit ums Tempolimit. 50, 40, 30, das ist da kein Thema, der ist immer im Dreivierteltakt.

Ein Kretschmann ist nicht genug. Der Landesvater muss sich klonen lassen. Nicht nur, weil ein Kabinett mit lauter Kretschmännern beim Wähler wohl am meisten Anklang fände, nein, der Ministerpräsident hat so viele Pflichten, dass er kaum noch nachkommt. Momentan ist er ja auch Bundesratspräsident, und damit Vertreter von Bundespräsident Joachim Gauck. Ob man ihn damit als zweiten Mann im Staate bezeichnen darf, darüber streiten die Gelehrten. Auf jeden Fall ist er so wichtig, dass er eigentlich beim Bundespresseball in Berlin hätte sein müssen. Der fand dummerweise auch am Freitagabend statt. Teilen konnte er sich nicht. Also entschied er sich, in Stuttgart zu bleiben. Und dort mit Edda Markeli, der Vorsitzenden der Landespressekonferenz , den Eröffnungswalzer zu tanzen. Auch Cem Özdemir, Bundesvorsitzender der Grünen, hätte sich eigentlich zerreißen müssen. Doch ihm blieb gar keine Wahl. Seine Gattin Pia Maria Castro entschied: „Wir feiern in Stuttgart!“ Im vorigen Jahr habe es ihr so gut gefallen, sagt sie, dass die Entscheidung leichtgefallen sei. Klar, Stuttgart ist nicht nur viel schöner als Berlin, sondern auch viel grüner.

Aus eins mach zwei. Wie man das macht, hätte Kretschmann von Dick Brave lernen können. Der ist schon lange als Duo unterwegs. Als Sasha macht er Pop, als Dick Brave Rockabilly. Wobei die Spalterei zehren muss, einige Jahre lang hat er nur als Sasha Konzerte gegeben. Bevor er voriges Jahr als Dick Brave zurückkehrte und erzählte, er habe sieben Jahre lang in einer Blockhütte in der kanadischen Wildnis gelebt, dann sei’s ihm aber zu langweilig geworden. Wenn man ihn fragt, was er von Sasha hält, sagt er, der sei ein wirklich netter Kerl, „der allerdings um einige Jahre älter als ich aussieht“. Vergessen wir Feuchtigkeitscremes und Lotionen, das Geheimrezept ist ein anderes: Rock’n’Roll hält jung. Das beherzigte insbesondere OB Schuster. Der tanzte, auf gut Schwäbisch, wie der Lump am Stecken. Wo hat der Mann sein Temperament 16 Jahre lang versteckt? Um ihn muss man sich keine Sorgen machen. Wenn ihm langweilig wird im Ruhestand, kann er sich sein Geld als Eintänzer verdienen.

Ein Pärchen macht uns allerdings Sorgen. Immer mal wieder munkelte man ja, dass die beiden süddeutschen Autobauer eine Liaison eingehen wollten. Doch der Haussegen hängt schief. Bisher war Daimler einer der Sponsoren des Presseballs, spendete etwa die Limousine, die verlost wird. Heuer wollte Daimler nicht mehr. „Sie haben sich zurückgezogen“, sagt Organisator Fink. BMW sprang gerne ein, wie Niederlassungsleiter Erwin Mayer sagte. „Wenn zwei sich streiten, freut sich der Dritte.“ Wie man hört, war Daimler nicht erfreut. Fink: „Dieses Jahr haben sie keinen Tisch genommen.“ Wer schon eine Hochzeit im Himmel gefeiert hat, die mit einer wüsten Scheidung von Chrysler endete, der ist halt empfindlich.

Von wegen Autofeinde. Auch wenn Stuttgart grünt, gab’s beim Landespresseball einen Wagen zu gewinnen: einen BMW 316d. Für einen guten Zweck. Denn der Landespresseball ist eine Benefizveranstaltung der Landespressekonferenz und des Landes Baden-Württemberg. Der Erlös aus dem Eintrittsgeld und der Tombola kommt in Not geratenen Journalisten und deren Familien zugute. Wahrscheinlich bleiben 90 000 Euro übrig, vermutet Fink. Weniger als in den Vorjahren. Das liegt daran, dass man 100 Karten weniger verkaufen durfte. Das Amt für öffentliche Ordnung forderte breitere Fluchtwege, also fielen Plätze weg. Da darf man froh sein, dass man noch tanzen darf. Demnächst verbieten sie noch das Schwofen. Denn, Bürokraten aufgepasst, es droht Brandgefahr wegen heißer Sohlen!

Für einen guten Zweck tanzten: Fechterin Monika Sozanka, EnBW-Chef Frank Mastiaux, die FDP-Landeschefin Birgit Homburger, der CDU-Landesvorsitzende Peter Hauk, der SPD-Fraktionschef Claus Schmiedel, Moderator Wieland Backes, Erwin Mayer, Niederlassungsleiter von BMW, die Minister Winfried Hermann, Nils Schmid, Peter Friedrich, Alexander Bonde, Festwirt Hans-Peter Grandl und viele andere.