Die Spitzenkandidaten der Linken für die Landtagswahl 2016 in Baden-Württemberg, Bernd Riexinger und Gökay Akbulut. Sie sind die Spitzenkandidaten. Foto: dpa

Das neue Spitzenduo der Linken, Bernd Riexinger und Gökay Akbulut, macht der Basis beim Landesparteitag in Stuttgart Mut für den aufziehenden Landtagswahlkampf.

Stuttgart - Zum Auftakt ihres Landtagswahlkampfs haben sich die Linken als das „soziale Gewissen“ Baden-Württembergs und Gegenpol zu Grün-Rot präsentiert. Der neu gekürte Spitzenkandidat Bernd Riexinger warf der Landesregierung vor, die Interessen der Arbeiter, der Arbeitslosen und Armen nicht im Blick zu haben. Der versprochene Politikwechsel sei ausgeblieben, sagte der langjährige Gewerkschafter auf dem Landesparteitag der Linken am Samstag in Stuttgart. Die knapp 200 Delegierten kürten ihn und die Mannheimer Stadträtin Gökay Akbulut einstimmig zu Spitzenkandidaten für die Wahl im März 2016.

Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) stehe als „grüne Reinkarnation“ des ehemaligen Ministerpräsidenten Erwin Teufel (CDU) in direkter Konkurrenz zur CDU, sagte Riexinger, der seit 2012 mit Katja Kipping die Bundespartei führt. Die Union wiederum ärgere sich, dass sie den sogar in den eigenen Reihen beliebten grünen Regierungschef nicht als Spitzenkandidaten habe.

Winterabschiebestopp für nicht anerkannte Asylbewerber

In der Flüchtlingsfrage zeige Grün-Rot keine klare Kante gegen Fremdenfeindlichkeit. Vielmehr habe Kretschmann die Ausweisung weiterer Länder als „sichere Herkunftsstaaten“ ermöglicht und damit die rassistische Verfolgung von Sinti und Roma in diesen Ländern ignoriert. Damit trage er den Forderungen von Pegida und der Alternative für Deutschland (AfD) Rechnung. Auch das Liebäugeln des grünen Tübinger Oberbürgermeisters Boris Palmer mit einer Obergrenze für den Flüchtlingszugang sei „Wasser auf die Mühlen rechter Propaganda“. In einer Resolution forderte der Parteitag einen Winterabschiebestopp für nicht anerkannte Asylbewerber als „ersten Schritt gegen die unmenschliche Abschiebepolitik“.

Riexinger reagierte gelassen auf das jüngste Umfragetief. Beim aktuellen ZDF-Politbarometer kommt die Partei auf drei Prozent der Stimmen (Wahlergebnis 2011: 2,8). Dennoch zeigte sich der 60-Jährige zuversichtlich, die Hürde von fünf Prozent bei der Wahl zu überspringen: „Wir haben noch alle Chancen, lasst uns diese Chancen nutzen.“ Da Grüne und SPD eine Kooperation mit der Linken ausschlössen, sei anzunehmen, dass jede dieser Parteien im Ernstfall mit der CDU koaliere, sagte Riexinger. Deshalb müsse dem Wähler klar gemacht werden: „Wer SPD und Grüne wählt, wacht mit großer Sicherheit mit der CDU wieder auf - das kann mit uns nicht passieren.“

Mehr Sozialwohnungen

Im Wahlprogramm spricht sich die Partei mit knapp 3000 Mitgliedern im Land für ein 250 Millionen-Euro-Programm für mehr Sozialwohnungen aus. Auf der Agenda stehen überdies gebührenfreie Kitas, der Stopp des Bahnprojektes Stuttgart 21 und ein Landesprogramm gegen Armut. 15 Prozent der Familien im Land seien von Armut bedroht, 18 Prozent der Kinder; für sie soll es Sozialtickets für den Nahverkehr, gratis Mittagessen an Schulen und freien Zugang zu Bildungsangeboten geben. Die Linke will die Vermögenssteuer wiedereinführen; damit könnten jährlich sieben Milliarden Euro mehr in die Landeskasse fließen.

Spitzenkandidatin Akbulut mit kurdisch-alevitischem Hintergrund will im Wahlkampf den im Südwesten noch starken Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg thematisieren. Kinder von Arbeitern, Alleinerziehenden und Migranten müssten bessere Bildungschancen bekommen. Die Linke will mittelfristig das Gymnasium abschaffen zugunsten einer Gemeinschaftsschule samt gymnasialer Oberstufe. Ähnliches hatte bereits die Grüne Jugend gefordert. Akbulut (33) warf Grün-Rot Versagen bei der Integration vor: Migranten seien auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt noch immer diskriminiert.

Weitere Punkte des Wahlprogramms: Erlaubnis für Eigenanbau von Cannabis, mehr Basisdemokratie, Umbau des Energieversorgers EnBW zu zum öffentlich-rechtlichen Unternehmen und weitere Tempolimits in Innenstädten.