Milimeterarbeit: Es dauert lang, bis alle Objekte in den Vitrinen den idealen Platz gefunden haben. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Drei Jahre hat es gedauert, um die neue Dauerausstellung im Alten Schloss einzurichten. Eine logistische Herausforderung, zumal die größte Tür gerade Mal einen Meter breit ist.

Stuttgart - Wie haben die Römer das eigentlich gemacht – ohne Hebekran und Gabelstapler, Transporter und Hubwagen? Gut 400 Kilo bringt eine römische Marmorfiguren auf die Waage – und Jan Warnecke ins Schwitzen. Denn die mannshohen Figuren mussten nicht nur per Kran über die Balustrade ins erste Stockwerk des Alten Schlosses geschafft werden, sondern es mussten auch spezielle Sockel angeschafft werden, über die die Kilos der Schwergewichte verteilt werden – wegen der Statik.

Wenn ein Museum eine Abteilung neu einrichtet, geht es also keineswegs nur darum, Objekte auszuwählen und ins rechte Licht zu setzen. Am Freitag eröffnet das Landesmuseum Württemberg im Alten Schloss in Stuttgart seine neue Dauerausstellung „Wahre Schätze“. Drei Jahre Arbeit stecken hinter den drei neuen Abteilungen. Allein ein Jahr hat die Sanierung in Anspruch genommen. „Die Räume waren technisch noch auf dem Stand der sechziger Jahre“, erzählt Jan Warnecke. Er ist der Baureferent des Landesmuseums und Leiter der Ausstellungskoordination – und musste bei dem großen Umbau viele Dinge im Blick haben, ob es um die Barrierefreiheit ging oder den Denkmalschutz. Oder darum, dass die größte Tür im ersten Stock gerade mal zwei Meter hoch und einen Meter breit ist. „Da muss man bereits bei der Planung darauf achten“, sagt er.

Die Vitrinen können erst gebaut werden, wenn man weiß, was hinein soll

Wenn am Wochenende das Publikum in die neuen Bereiche strömen wird, hat es das Personal leicht: Dann es wurde nicht nur eine neue Medientechnik eingebaut, damit in den Ausstellungen zum Beispiel auch Monitor installiert werden können, sondern es gibt nun auch eine komplette Lichtsteuerung. Ein Schalter – und das Licht geht an. Früher musste das Licht in jedem Saal einzeln an- und aus gemacht werden, von Hand.

In den drei Abteilungen – Antike, Kelten und Kunstkammer – werden 1200 Objekte ausgestellt. „Der größte Aufwand ist, dass vom kleinsten Teil aus geplant werden musste“, sagt Warnecke. Entsprechend musste schon früh die Entscheidung fallen, dass zum Beispiel mehrere Schmuckstücke aus den Fürstengräbern gemeinsam in einer Vitrine präsentiert werden. Und erst nachdem klar war, wie viel Platz die jeweiligen Arrangements in Anspruch nehmen, konnten die Vitrinen konzipiert werden. Sie müssen viel können: Häufig sind sie auch mit Schubladen ausgestattet, in denen die Besucher weitere Überraschungen erwarten, sie müssen Flächen für erklärende Texte bieten, mit Beleuchtung ausgestattet und für das richtige Klima sorgen. Dass auch kein Staub eindringen sollte und die Scheiben entspiegelt sein müssen, versteht sich von selbst.

Vitrinen, die all das erfüllen, können nicht von der Stange gekauft werden. Also wurde die Fertigung bundesweit ausgeschrieben, Warnecke ist eigens ins Erzgebirge gefahren, um das favorisierte Unternehmen zu besichtigen und zu überprüfen, ob es tatsächlich die notwendigen Maschinen besitzt und einem solchen Auftrag gewachsen ist. Eine Firma aus Frankfurt hat wieder die Informationsschilder gedruckt, auch die Audioguides wurden extern produziert.

Die Präsentation der Keltengräber soll an die Grabhügel erinnern

Es ist auch üblich, die Gesamtgestaltung der Ausstellung auszuschreiben. Den Zuschlag bekam Valentine Koppenhöfer und ihr Weimarer Büro. Ein Jahr lang wurden Ideen entwickelt, etwa, dass für die Objekte der Kunstkammer der Herzöge ein Studiolo eingerichtet wird oder dass die Fundstücke aus den Keltengräbern auf großen, hölzernen Unterbauten ausgestellt werden – in Anlehnung an die Grabhügel. Zum ästhetischen Konzept gehört auch, dass die Objekte in den Vitrinen auch schwebend montiert sind und nicht wie früher vor Stoff hängend.

Jan Warnecke freut sich schon auf die Medienstation, an der man Memory spielen kann rund um die Frage, was von der Antike übrig geblieben ist. „Das ist sehr spannend“, sagt er, „es verleitet dazu, sich immer tiefer in die Thematik einzugraben.“ Er ist zuversichtlich, dass alles pünktlich fertig wird. Als der zweite Stock des Alten Schlosses saniert wurde, fanden Bau und Inneneinrichtung zum Teil gleichzeitig statt. „Diesmal gab es einen sehr sauberen Übergang von der Bausanierung zur Einrichtung“, sagt Warnecke, „deshalb sind alle heiterer und entspannter.“ Trotzdem wurde in den vergangenen täglich zwölf Stunden gearbeitet, zuletzt auch an Feiertagen.

Und wer putzt? Zunächst reinigte die Firma nach der Anlieferung ihre Vitrinen. Bevor sie eingerichtet wurden, kam ein ausgewiesener Glasreininger. Seitdem die Vitrinen bestückt sind, dürfen nur noch die Restauratoren Hand anlegen und wienern zur Not selbst das ein oder andere Glas. „Sie sind immer noch am umsichtigsten“, sagt Warnecke. Außerdem sein es enorme Werte, die da in den Regalen stünden, deshalb sind auch während der Einrichtung immer Aufsichten vor Ort. „Bausituationen sind Situationen, in denen Kunstraub passiert, passieren kann“, sagt Warnecke. Und das wollte man dann doch verhindern, dass bei der feierlichen Eröffnung am Freitag in den aufwendigen Vitrinen einer der „Wahren Schätze“ fehlt.