„Baden-Württemberg steht ganz oben in der Liga“, sagt Muhterem Aras, grüne Finanzpolitikerin (im Bild mit Grünen-Politiker Marc Breitenbücher) Foto: Petsch

Der Landeshaushalt für die nächsten beiden Jahre ist unter Dach und Fach. Dass dafür neue Schulden anfallen, wertet die Opposition als Makel. Grün-Rot rechtfertigt sich mit einem milliardenteuren „Sanierungsstau“.

Stuttgart - Die Regierungskoalition hat bei der Verabschiedung des neuen Landeshaushalts renommierte Wirtschaftsinstitute als Kronzeugen für die Qualität der grün-roten Politik angeführt. „Baden-Württemberg spielt ganz oben in der Liga“, sagt die Grünen-Finanzpolitikerin Muhterem Aras und zitierte aus einer Studie des Mannheimer Zentrums für europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Danach ist der Südwesten das innovationsfreudigste Bundesland.

Das Institut der Deutschen Wirtschaft (IW) wiederum habe kürzlich in einer Studie zur Schuldenpolitik festgestellt, dass Baden-Württemberg „0,0 Konsolidierungsbedarf“ habe, so Aras. Nicht von ungefähr habe jüngst die Ratingagentur Standards & Poors die Kreditwürdigkeit des Landes erneut mit der Bestnote AAA bewertet. „Das ist die Leistung dieser grün-roten Landesregierung“, sagte die Grünen-Abgeordnete.

Ihr SPD-Kollege Klaus Maier nannte den Haushalt mit einem Volumen von 88 Milliarden Euro „solide und robust“ und wies den Vorwurf der Opposition zurück, angesichts der guten Steuereinnahmen hätte man auf Kredite verzichten können. CDU und FDP hätten die Kreditaufnahme von 768 Millionen für 2015 im Blick, vergäßen aber den Sanierungsstau bei Straßen und Hochschulen.

Dieser Sanierungsstau sei keine Erfindung von Grün-Rot, sondern werde auch vom Landesrechnungshof moniert, sagte Finanzstaatssekretär Ingo Rust (SPD). Man dürfe nicht zugunsten einer niedrigen Kreditmarktverschuldung „das Landesvermögen verlottern lassen“.

Um diese Kenngrößen korrekt im Haushalt abzubilden, sei das Finanzministerium momentan dabei, eine Vermögensrechnung des Landes aufzustellen: „Dabei müssen wir auch den Vermögensverzehr abbilden.“ Mit seinen Investitionen lege das Land jedenfalls „den größten Bauhaushalt“ seit 1952 auf, sagte Rust. Gleichzeitig gebe es jedoch ein von der Vorgängerregierung übernommenes strukturelles Defizit im Haushalt – und auch das sei keine Erfindung von Grün-Rot. Bereits CDU-Finanzminister Gerhard Stratthaus habe eine solche Lücke ausgemacht.

Der CDU-Finanzpolitiker Klaus Herrmann erkennt dieses Milliardendefizit zwar an, rechnet aber die hohen Steuereinnahmen sowie die Rücklagen aus den Vorjahren dagegen: „Die Steuerquellen sprudeln wie noch nie, zusätzliche Schulden wären nicht nötig.“

Gleichzeitig belaste Grün-Rot den Haushalt durch hohe Ausgaben und schaffe so eine Hypothek. So hält es die CDU zum Beispiel für einen Fehler, dass Grün-Rot die Studiengebühren abgeschafft hat. Herrmann: „Durch diesen Etat wird die Finanzpolitik auf Jahre hinaus ruiniert.“

Auch FDP-Fraktionschef Hans-Ulrich Rülke blieb bei seinem Vorwurf, die Landesregierung mache nur deshalb neue Schulden, um eine „Kriegskasse“ anzulegen, mit der Grün-Rot die Wiederwahl erkaufen wolle. Auf die Frage eines Grünen-Abgeordneten, ob er die Bürger für käuflich halte, antwortete Rülke: „Ich halte die Bürger dieses Landes nicht für käuflich, aber ich halte die Landesregierung für so dumm, dass sie sich’s einbildet.“ Die Abschaffung der Studiengebühren, eine verunglückte Polizeireform, ein unnötiger Nationalpark sowie das Prestigeobjekt Gemeinschaftsschule hätten das Haushaltsvolumen ausgeweitet.

Und was die wissenschaftlichen Studien angehe, so gebe es auch andere Bewertungen. Laut Bundesfinanzministerium gehöre Baden-Württemberg zusammen mit Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen zum rot-grün regierten „Abstiegstrio“. Das Ministerium hatte Anfang des Jahres bekanntgegeben, dass der Südwesten im Vergleich der Bundesländer 2013 die meisten neuen Kredite aufgenommen hat.