In der Kritik: Carsten Rees Foto: dpa

Der Landesvorsitzende Carsten Rees steht in der Kritik – die FDP-Fraktion und Verbände werfen ihm „abstruse Behauptungen“ vor.

Stuttgart - Der Landeselternbeirat kommt nicht zur Ruhe. Seit 2010 hat der Vorsitz des Beratungsgremiums für das Kultusministerium insgesamt vier mal gewechselt. Doch in dem 33-köpfigen Elternteam herrscht weiterhin Unfrieden. Das ist auch eine Folge der grün-roten Bildungspolitik, die das Schulsystem verändert hat. Da prallen noch stärker als früher Interessen von Schularten, Lehrern und Eltern aufeinander.

Den aktuellen Streit hat das Arbeitspapier „Gymnasium 2020“ ausgelöst. Mehr als ein Jahr hatte sich eine Expertenkommission im Auftrag des Kultusministeriums mit dieser Frage beschäftigt. Als das Papier vor einigen Monaten ungewollt ans Licht kam, hagelte es von mehreren Seiten Kritik: Würden die Vorschläge so umgesetzt, dann würde das Gymnasium abgewertet, warnte Bernd Saur, Landesvorsitzender des Philologenverbandes, der einen Teil der Gymnasiallehrer vertritt – der Kommission aber nicht angehörte.

Auch die Opposition im Landtag drosch mächtig auf die Kommission ein. Hans-Ulrich Rülke, FDP-Fraktionschef im Landtag, sprach gar von einer „Kriegserklärung“ an das Gymnasium .

Aus seinem Ärger über diese Sichtweise machte Rees, der in der Kommission mitgearbeitet hatte, keinen Hehl. Bei einer Veranstaltung zum Thema „Gemeinsam gute Schule machen“ mit Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) und Kultusminister Andreas Stoch (SPD) Mitte Juni rief der Vorsitzende des Landeselternbeirats dazu auf, „den Rattenfängern nicht zu folgen“ und nannte namentlich Saur und „den Vertreter der FDP-Landtagsfraktion“. Er warf ihnen vor, sie zögen persönliche Angriffe sachlichen Argumenten vor.

Unter anderem aus Protest gegen diese Äußerung trat wenig später Christian Bucksch als Sprecher der Schulart Gymnasium im Landeselternbeirat zurück. Danach reagierten auch der Philologenverband und die FDP. Der Verband des Gymnasiallehrer wies die Aussagen von Rees als „abstruse Behauptung“ zurück und attackierte zugleich die Landesregierung. Kretschmann und Stoch müssten sich fragen lassen, ob sie die „Beleidigungen“ von Rees „billigend in Kauf nehmen oder ob ihnen vielmehr an einer sachlichen Auseinandersetzung über die Ergebnisse des Arbeitskreises ,Gymnasium 2020’ gelegen ist“.

„Von jedem Lehrer oder Schülervertreter, der eine Podiumsdiskussion an einer Schule veranstaltet, wird zu Recht erwartet, dass er mäßigend eingreift, wenn ein Diskutant verbal über das Ziel hinausschießt“, konterte der bildungspolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Timm Kern. Gerade seine Fraktion habe sachlich argumentiert und „deutlich vernehmbar die im Papier sehr konkret benannten Planungen zur Absenkung des Abiturniveaus kritisiert“.

Wenig später legte der Verband der Privatschulen nach und warf Rees eine „Schmährede“ gegen freie Schulen vor. Rees hatte Anfang Juni in einer Stellungnahme zur Finanzierung von Privatschulen vor dem Staatsgerichtshof erklärt, er begrüße „ausdrücklich“ die große Vielfalt privater Schulen im Land, die teilweise „wertvolle und inspirierende pädagogische Konzepte anbieten und umsetzen“. Gleichzeitig lehnte der Landeselternbeirat aber eine komplette Übernahme der Kosten privater Schulen durch Land als „nicht dem öffentlichen Bedürfnis entsprechend“ ab. Am Montag wird der Staatsgerichtshof über eine entsprechende Klage entscheiden.

Rees hält die Vorwürfe der Privatschulen für unberechtigt. Der Präsident des Staatsgerichtshofs habe ihm auf Nachfrage bescheinigt, dass er weder Rees Verhalten als „ungebührlich“ empfunden habe noch sich an eine Schmährede erinnern könne, sagte er am Freitag. Der Landesvorsitzende, der Mitglied der Grünen ist, sieht die Gründe für die Kritik an seiner Person eher in parteipolitischen Auseinandersetzungen. „Die Kommission Gymnasium 2020 hat mit sehr viel Herzblut Vorschläge gemacht, wie das Gymnasium besser macht.“ Ihr zu unterstellen, dass sie das Gymnasium abwerten wolle, sei eine Verleumdung. „Die Kritiker haben emotionalisiert, nicht versachlicht. Es ist inakzeptabel, dass man sich im Ehrenamt noch beleidigen lassen muss.“

Damit dürften die Debatten nicht abgeschlossen sein. Ein Teil der Mitglieder im Landeselternbeirat ist mit dem grün-roten Kurs der Landesregierung nicht einverstanden und fordert mehr Kritik.