Finanzminister Nils Schmid: Eine Bilanz wirft Schatten auf seine Arbeit Foto: dpa

Während andere Bundesländer Schulden tilgen, nimmt Baden-Württemberg weiter Kredite auf. Grün-Rot wehrt sich allerdings gegen die Behauptung, damit sei man bundesweit Schlusslicht.

Stuttgart - Dieses Mal war das Haus von Finanzminister Nils Schmid (SPD) besser vorbereitet: Als am Freitag im Internet die Meldung die Runde machte, Baden-Württemberg sei beim Schuldenmachen zum zweiten Mal in Folge Spitze, kam aus dem Stuttgarter Finanzministerium prompt eine sogenannte Zumeldung: Bei der vom Bundesfinanzministerium in Berlin veröffentlichten Übersicht über die „Entwicklung der Länderhaushalte 2014“ handle es sich um eine vorläufige Veröffentlichung, die nur vereinzelt die endgültigen Zahlen widerspiegele, so Schmids Ministerium. Zahlreiche Bundesländer würden ihre Kreditaufnahmen und Tilgungen für das Jahr 2014 erst im sogenannten fünften Quartal verbuchen, also erst in diesem Jahr. Die tatsächlichen Zahlen würden daher „sehr stark“ von den vorläufigen Zahlen abweichen.

Mit dieser schnellen Reaktion wollte Schmids Haus den Imageschaden kleiner halten als vor einem Jahr. Damals war Baden-Württembergs Finanzminister in der vorläufigen Länderbilanz für 2013 ebenfalls als Schuldenkönig dagestanden – und musste sich heftige Kritik der Opposition anhören. Auch damals verteidigte sich Schmid – später im Landtag – mit dem Hinweis auf die Vorläufigkeit der Zahlen. Und in der Tat gab es noch die eine oder andere gravierende Verschiebung. Unterm Strich aber, das musste sein Haus am Freitag auch einräumen, hat sich in der Endabrechnung für 2013 so viel dann doch nicht getan: Der ungeliebte Titel des Schuldenkönigs wurde Schmid zwar noch von seiner Parteifreundin und Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD) aus Nordrhein-Westfalen abgenommen. Über den vorletzten Platz kam Baden-Württemberg aber nicht hinaus, was für ein Bundesland, das überall gerne Spitze wäre, kein gutes Abschneiden darstellt.

Angesichts dieser Erfahrung dürfte der Südwesten auch in der Endabrechnung für 2014 kaum zu den Musterschülern gehören. Dass man trotz Rekord-Steuereinnahmen über 1,2 Milliarden Euro an neuen Schulden aufgenommen hat, ist schließlich Fakt. Damit steht das Land aktuell mit 46,3 Milliarden Euro in der Kreide.

Was die Schuldenbelastung pro Einwohner angeht, steht der Südwesten zwar immer noch bundesweit am besten da. Aber der Abstand zu den führenden Ländern Sachsen und Bayern hat sich vergrößert. Dies liegt zum einen an der Ausgabenfreude, die die Regierung von Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) an den Tag legt. Zum anderen an der Altlast der Beamtenpensionen: Baden-Württemberg hatte schon immer vergleichsweise viele Lehrkräfte – und muss daher auch vergleichsweise viele Beamte im Ruhestand versorgen. Alle Bemühungen Kretschmanns, seine Länderkollegen von gemeinsamen Kürzungen bei den Beamtenpensionen zu überzeugen, sind bislang gescheitert.

Auch was das laufende Jahr angeht, wird Baden-Württemberg nicht als finanzpolitischer Musterknabe in die Geschichte eingehen. Grün-Rot hat sich weitere Kredite in Höhe von 768 Millionen Euro genehmigt. Erst ab dem Jahr 2016 will man keine neuen Schulden mehr machen und somit die verfassungsrechtlich verankerte Schuldenbremse einhalten, die für die Bundesländer ab dem Jahr 2020 greift.

Laut der vorläufigen Jahresbilanz des Bundesfinanzministeriums hat rund die Hälfte der Bundesländer im vergangenen Jahr keine Kredite mehr aufgenommen oder sogar Schulden getilgt. Erleichtert wurde dies durch einen weiteren Rekord bei den Steuereinnahmen: Mit gut 593 Milliarden Euro flossen rund vier Prozent mehr in die Kassen von Bund und Ländern als 2013.