Baden-Württemberg, Hessen und Bayern zahlen beim Länderfinanzausgleich am meisten. Während Hessen und Bayern klagen, setzt Kretschmann auf Verhandlungen. Foto: dpa

Wieder einmal aufs Neue: Die Länder ringen um den Finanzausgleich. Für die Ausgaben für Flüchtlinge kündigt der Ministerpräsident ein Hilfsmaßnahmen für Kreise und Kommunen an.

Stuttgart - Es gibt Themen, die eignen sich nicht unbedingt, um die Bürger von den Stühlen zu reißen. Dennoch sind sie extrem wichtig, weil es um viel Geld geht. Der Länderfinanzausgleich ist so ein Fall. Seit einer gefühlten Ewigkeit beklagen sich die Südländer Baden-Württemberg, Bayern und Hessen, dass sie in den gemeinsamen Topf jedes Jahr Milliarden für die schwächeren Bundesländer einzahlen, die aber nicht wirklich sparen. Bayern und Hessen haben deshalb vor Jahren schon beschlossen, gegen das System – wie schon in den 90er Jahren – vor dem Bundesverfassungsgericht zu klagen. Grün-Rot lehnte das ab und wählte den Verhandlungsweg. Kretschmanns immer wiederkehrendes Argument: Lieber reden als klagen.

Zuletzt freilich hatte der Stuttgarter Regierungschef einsehen müssen, dass die anderen Bundesländer nicht freiwillig Geld hergeben wollen. Also dachte Kretschmann nun auch über eine Klage nach. Doch das könnte möglicherweise kurz vor Schluss noch verhindert werden. „Eine Einigung ist noch möglich“, sagte Kretschmann am Dienstag in Stuttgart und verwies auf die Ministerpräsidentenkonferenz, die Donnerstag und Freitag dieser Woche in Bremen stattfindet. Es sei eine Arbeitsgemeinschaft eingesetzt worden, „die möglicherweise bis Weihnachten einen Konsens finden könnte“. Er verwies darauf, dass mit dem Kompromiss beim Thema Regionalisierungsmittel eine große Hürde bereits aus dem Weg geräumt worden sei. Eine Einigung auf ganzer Linie hänge davon ab, „ob der Bund mehr Geld lockermacht“.

Bringt Treffen der Ministerpräsidenten Klärung?

Ob die Ministerpräsidenten in Bremen aber wirklich zum Thema Finanzausgleich kommen, der bis 2019 neu regelt werden muss, gilt intern als völlig offen. Denn das beherrschende Diskussionsthema dürften die Flüchtlingsmassen und die Frage der Finanzierung sein. „Es muss unser Ziel sein, privates Kapital zu mobilisieren“, sagte der Regierungschef mit Blick auf die Millionensummen, die von den Kreisen und Kommunen für die Unterbringung und Versorgung der Menschen erbracht werden müssen. Für solche „Abschreibungsprojekte“ rechne er mit einer Mehrheit im Bundesrat.

Kretschmann griff damit am Dienstag einen Vorstoß von Gemeindetags-Präsident Roger Kehle auf, der im Interview mit unserer Zeitung gefordert hatte, es müsse solche Steuersparmodelle geben. Anders seien die Finanzierungsprobleme nicht mehr zu lösen.

Flüchtlingskinder an Schulen: Weitere 500 Lehrerstellen

Zugleich machte der Ministerpräsident klar, dass das Land auch an anderen Stellen nochmals nachlegen will. Dazu gehört die Schaffung von Vorbereitungsklassen und die Einstellung von weiteren 500 Lehrern, um die Flüchtlingskinder zu unterrichten. Es sei entscheidend für die Integration, „dass in Bildung und duale Ausbildung“ investiert werde. Auch dem Wunsch der Kommunen nach einer Änderung der Landesbauordnung soll nun zügig nachgekommen werden. „Wir passen die Dinge jetzt an“, signalisierte er eine Vereinfachung der Genehmigungsverfahren, damit Neubauten zügig entstehen können. Dabei stehe „alles auf dem Prüfstand“, auch die von den Grünen vor Jahren selbst durchgesetzten Verpflichtungen wie die Schaffung von Fahrradabstellplätzen und die Dachbegrünung. „Wegen des Efeus wird keine Flüchtlingsunterkunft scheitern.“Kretschmann betonte zugleich, man werde die Kreise und Kommunen mit dem zusätzlichen Geld des Bundes „auskömmlich ausstatten“. Sein bayerischer Kollege Horst Seehofer wird übrigens in Bremen fehlen. Er sagte am Dienstag wegen Sitzungen zur Flüchtlingskrise ab.

Finanzminister Nils Schmid (SPD) hat derweil angekündigt, dass Baden-Württemberg beim Schulbau für syrische Kinder in der Türkei mit 500 000 Euro helfen will, um Flüchtlingen nahe ihrer Heimat eine Zukunft zu geben. Ziel sei es, dass viele syrische Kinder in die Schule gehen können. „Das ist ein entscheidender Faktor, ob die Flüchtlinge aus Syrien in der Türkei bleiben oder weiter nach Deutschland ziehen“, so Schmid.