Foto: PPFotodesign.com

200 Euro im Monat und mehr bezahlen Einzelhändler an der Stuttgarter Königstraße für den Quadratmeter Verkaufsfläche.

Stuttgart - Der Preis fürs Produkt muss günstig sein, dann kommen die Kunden und die Einzelhändler können zufrieden sein – so oder so ähnlich argumentieren Konsumenten, etwa wenn der Handel über schwindende Umsätze klagt. Eine „Mietpreiserhebung für Einzelhandelsflächen“, wie sie die IHK seit 1998 regelmäßig vornimmt, mag da vielen als Thema für Spezialisten erscheinen. So einfach ist es jedoch nicht, denn die Höhe der Ladenmiete kann sich direkt aufs Einkaufserlebnis auswirken.

Stuttgart, speziell die sogenannten 1-a-Lagen Königstraße zwischen Klett-Passage und Höhe Rotebühlplatz, Schulstraße sowie die Eingänge zum Marktplatz, sind für den Handel ein Pflaster so teuer wie fast nirgends in Deutschland. Kleine Flächen kosten dabei tendenziell mehr. So müssten die höchsten Mietpreise für „Kioske, Handyläden, Juweliere und ähnliche Sortimente“ bezahlt werden.

IHK: Spitzenmieten lassen sich nicht wieder erwirtschaften

Ein Quadratmeter Verkaufsfläche kostet dort, wo besonders viele potenzielle Kunden vorbeigehen, laut IHK-Studie im Schnitt 76,10 Euro Miete. Teilweise werden Spitzenpreise von 200 Euro und mehr bezahlt. In anderen Erhebungen wurden sogar bis zu 300 Euro pro Quadratmeter ermittelt. Zum Vergleich: Die IHK-Studie aus dem Jahr 2002 weist eine durchschnittliche monatliche Quadratmetermieter von 61,50 Euro aus. Durchschnittsmieten von über 90 Euro wie kurz vor der Jahrtausendwende lassen sich derzeit allerdings noch nicht erzielen.

Nach Ansicht der IHK „lassen sich Spitzenmieten von über 300 Euro pro Quadratmeter nicht wieder erwirtschaften“. Große Handelskonzerne würden daher ihre Präsenz in den Top-Lagen über günstigere Standorte quersubventionieren, kleineren inhabergeführten Geschäften ohne „andere Filialen oder Geschäftsfelder“ sei dies hingegen schwerlich möglich. Mit Folgen für den Branchenmix und – langfristig – die Attraktivität solcher Lagen.

Die IHK appelliert daher an Vermieter, nicht nur auf den kurzfristigen Gewinn zu setzen: „Auch die Solvenz und die Zuverlässigkeit eines Mieters sind bares Geld wert.“ Denn bei überhöhten Preisvorstellungen würde ein Laden womöglich länger leer stehen und dadurch an Wert verlieren, so die Warnung. Für die laut IHK-Definition Nebenlagen wie etwa die Calwer Straße oder die Kirchstraße gelte das umso mehr.

Auch Esslingen hat hohe Mieten

Verlässt man die Gemarkung Stuttgart, purzeln die Preise allerdings. Ausnahme: Esslingen mit im Schnitt 60,20 Euro pro Quadratmeter und Monat und Ludwigsburg mit durchschnittlich immer noch 42,60 Euro. In den anderen größeren Städten der Region erreichen die Mietpreise für Handelsflächen kaum mehr ein Drittel des Stuttgarter Niveaus. Die günstigste Miete bezahlt ein Händler in Murrhardt im Rems-Murr-Kreis mit nur drei Euro pro Quadratmeter und Monat.

Insgesamt attestiert die IHK dem stationären Einzelhandel, Geschäfte, die die Kunden persönlich aufsuchen, einen zunehmend schweren Stand. Beleg sei dafür die deutschlandweite Entwicklung. In den Jahren 2000 bis 2010 stieg die Einzelhandelsfläche um zwölf Prozent, die Umsätze dafür nur um 1,6 Prozent. Gründe dafür seien „stagnierende Konsumentenzahlen, die Zunahme des Internetshoppings und immer noch neu entstehende große Einzelhandelsflächen“.

Die letzten großen Stuttgarter Einkaufszentren haben 2006 in der Innenstadt (Königsbau-Passagen mit 27 000 Quadratmeter Verkaufsfläche) und in Bad Cannstatt (Cannstatter Carré/22 000 Quadratmeter) sowie 2004 in Vaihingen (Schwaben-Galerie/23 000 Quadratmeter) eröffnet. Zurzeit entstehen an der Paulinenbrücke für 250 Millionen Euro das Gerber und bei der neuen Stadtbibliothek das Mega-Einkaufszentrum Mileaneo. Letzteres kostet über 550 Millionen Euro und wird über 43 000 Quadratmeter Verkaufsfläche verfügen. Das Gerber liegt flächentechnisch im Bereich der Schwaben-Galerie.

Aus der IHK-Studie lässt sich durchaus herauslesen, dass solche Projekte dem Einzelhandelsstandort Stuttgart eher schaden, wenn es darin heißt: „Kommunen sind gefordert, Standorte und Rahmenbedingungen so zu gestalten, dass es für den stationären Einzelhandel auch künftig wirtschaftlich möglich bleibt, vor Ort präsent zu sein.“