Die Freunde von Dominik, der im Hospiz Esslingen gestorben ist, wollen seine Idee am Leben halten (von links): Mo, Raphael, Daniel, Sarah, Anna-Lea im Flatspot-Shop. Foto: Ulrike Rapp-Hirrlinger

„Er lässt eine leuchtende Spur zurück“, steht auf der Facebook-Seite seines Labels. Mit 26 Jahren ist Dominik, der fair gehandelte Textilen bedruckt hat, im Hospiz Esslingen gestorben. Seine Freunde halten seine Idee am Leben.

Stuttgart/Esslingen - „Gibt es ein Leben nach dem Tod?“ Diese Frage ist Dominik, dem Gründer und langjährigen Macher des Stuttgarter Fair-Trade-Modelabels ConSilium, im Vorstellungsfragebogen auf der Webseite seiner Firma gestellt worden. Die Antwort von „Dome“, wie ihn seine Freunde nannten, lautete: „Nur für die Guten.“

So gesehen gibt es für den jungen Mann ein Leben nach dem viel zu frühen Tod. „Dome“ war einer von den Guten. „Ich kenne keinen anderen Menschen, der so selbstlos war“, sagt sein Kumpel und Geschäftspartner Mo: „Er dachte immer an die anderen und nicht an sich selbst. Das war auch noch so, als er im Hospiz in Esslingen im Sterben lag – er wollte auch da noch, dass es uns gut geht.“ Die Freunde seien viel verzweifelter gewesen als „Dome“ vor seinem Tod.

Ein Guter musste viel zu früh gehen. So gesehen wird er nun vom Himmel auf seine Clique herunterschauen und kann sehr stolz auf seine Freunde sein.

Dominiks Idee soll nicht sterben, sagen seine Freunde. Den Firmennamen ConSilium hatte „Dome“ mit Bedacht gewählt. Zugrunde liegt ihm das lateinische Wort „concilium“, das unter anderem Gemeinschaft bedeutet. „Er war ein Menschen, dem Freundschaften sehr wichtig waren“, sagt der 28-jährige Daniel, einer aus der Clique, „wir machen in seinem Sinne weiter.“ Sarah, die Lebensgefährtin des Verstorbenen, ergänzt: „Das ist auch eine Art Trauerarbeit.“

Dominik wollte nicht daheim sterben

Noch im April 2014 hatte sich Dominik mit seinem Kumpel Mo, den er seit der gemeinsamen Ausbildung kannte, einen weiteren Traum erfüllt und an der Wolframstraße 24 den Skateboard-Laden Flatspot eröffnet. Die Sache lief gut an. Anfang dieses Jahres aber kam „die Schocknachricht“, wie Mo sagt. Der Krebs war nicht zu stoppen. Nachdem die Ärzte keine Hoffnung mehr auf Heilung geben konnten und sich Dominik dazu entschloss, die Chemotherapie abzubrechen, wünschte er, seine letzte Zeit ohne Schmerzen in einem Hospiz zu verbringen. „Er wollte nicht daheim sterben und niemandem seiner Freunde und seiner Familie zur Last fallen“, sagt Mo.

Im Hospiz Esslingen fühlte sich Dominik gut aufgehoben, sagt der Freund, es herrsche dort eine gute Atmosphäre. Man dürfe „die Situation aber auch nicht schönreden“. Jeden Tag besuchte einer aus der Clique den Freund. Wer ins Haus der Sterbebegleitung zieht, wird als Gast bezeichnet, nicht als Patient. Für die Gäste und Mitarbeiter waren die jungen Besucher ungewohnt – an einem Ort, der sonst dem Alter vorbehalten ist.

„Das Hospiz Esslingen hat uns gleich überzeugt mit seiner ruhigen Lage, dem Garten, den schönen Zimmern und der Freundlichkeit“, sagt Sarah, die Freundin von Dominik, „wir wurden dort sehr nett empfangen.“ Auch für Dominik sei die Aufnahme „wohltuend“ gewesen. „Man merkte, dass es ihm viel besser ging als im Krankenhaus“, berichtet Sarah, „er wurde in Ruhe gelassen, wenn er wollte, und alle stellten sich ganz auf seine Wünsche ein.“ Dass eine Hospiz-Mitarbeiterin ihm sein Lieblingsmüsli besorgte, habe sie sehr verblüfft. Auch ein Grillfest für Dominik wäre kein Problem gewesen. Dazu sei es aber leider nicht mehr gekommen, bedauert die junge Frau. Sie habe, wann immer sie wollte, mit ihm ganz ungestört für sich sein können.

Als Dominik gestorben war, sei ihnen viel Zeit zur Verabschiedung gelassen worden. „Wir konnten noch den ganzen Tag bei ihm verbringen und fühlten uns nie unerwünscht“, sagt die 24-jährige Anna-Lena. Keiner der Freunde hatte sich vorher mit dem Hospizgedanken beschäftigt. Jetzt sind sie sich Sarah einig: „Das ist eine tolle und wichtige Einrichtung.“

Nun wollen Dominiks Freunde dem Hospiz etwas zurückgeben und haben eine Sonderedition von Stoffbeuteln entworfen, um die Einrichtung in Esslingen zu unterstützen. 2012 hatte „Dome“ das Label ConSilium gegründet, das fair gehandelte Textilien – vor allem Shirts, Jacken, Kappen und Mützen - individuell im Siebdruckverfahren bedruckt. Sie werden im Flatspot-Shop in Stuttgart verkauft.

In ihrer Freizeit bedrucken die Freunde Shirts und Beutel

Die gebatikten und bedruckten Batikbeutel sind Unikate. Von jedem Stück kommen fünf Euro dem Hospiz Esslingen zugute. Susanne Kränzle, die Leiterin des Hospiz, ist begeistert: „Es ist nicht selbstverständlich, dass sich junge Menschen mit dem Hospiz beschäftigen. Umso mehr berührt mich diese kreative Aktion. Es ist schön, dass wir Dominik und seinen Freunden ein Gefühl der Geborgenheit und des Angenommenseins geben konnten.“

Mit ihrem Engagement erfüllen die Freunde Dominiks Wunsch, ConSilium weiterzuführen – in ihrer Freizeit, denn wie ihr verstorbener Freund, der als Erzieher an einer Schule gearbeitet hat, sind alle aus dem zehnköpfigen Team berufstätig. Gemeinsam bedrucken sie abends oder am Wochenende Kleidung. Es kommt ihnen vor, dass sie es nicht allein tun: „Dome“ ist immer dabei.

Das Leben kann so schnell vorüber sein. Wer darüber nachdenkt, lässt sich von kleinen Problemen des Alltags nicht mehr provozieren. Echte Freundschaft ist das höchste Gut. Sie bleibt über den Tod hinaus.

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