Der VW Passat von Özer Topcu wurde aus einer Werkstatt aus Bad Cannstatt entwendet. Foto: dpa

Der Streit um ein gestohlenes und wieder aufgetauchtes Auto in Bad Cannstatt landet nun vor Gericht.

Bad Cannstatt - Nach einem Dreivierteljahr Nervenkrieg mit seiner Autoversicherung hat Özer Topcu „allen Glauben verloren“. Dann aber gibt er sich einen Ruck: „Was da passiert, das ist mit dem gesunden Menschenverstand nicht nachvollziehbar. Ich denke aber, dass ich mit solchen Geschichten nicht alleine bin. Deshalb gehe ich damit jetzt an die Öffentlichkeit.“

Die Geschichte beginnt im März des vergangenen Jahres. Topcu bringt seinen VW Passat zur Nachbesserung einer Reparatur in eine Cannstatter Werkstatt. Von dieser bekommt er dann den Anruf, sein Fahrzeug sei nachts bei einem Einbruch in die Werkstatt gestohlen worden. Topcu ärgert sich, weil das Auto „perfekt für meine Rückenprobleme war“. Dank seiner Vollkasko-Versicherung wähnt er sich aber finanziell auf der sicheren Seite. Mit einer ordnungsgemäßen Schadensmeldung wird bei der Versicherung die „Total-entwendung“ reklamiert. In rechtlicher Hinsicht erfolgt mit der Übergabe von Schlüsseln und Papieren eine „Eigentumsübergabe“. Da von dem Auto nach einem Monat weiter jede Spur fehlt, müsste nun die Versicherung dem Eigentümer den Zeitwert in Höhe von etwa 13 500 Euro erstatten erstatten. Doch nichts geschieht. Die Versicherung versichert nur mündlich, alles sei „in Bearbeitung“. Auf schriftliche Anfragen gibt es laut Topcu keine Antwort.

Im Juni aber kommt Bewegung in die Sache: „Die Polizei ruft bei mir an, sie habe gute Nachrichten, mein Auto sei in Stuttgart gefunden worden. Ich solle es im Polizeipräsidium abholen.“ Dort aber habe man ihm „hämische Fragen“ gestellt, die Herausgabe des Kennzeichens verweigert, weil das „ein Beweismittel“ sei. Seine Irritation und die Frage, ob er denn verdächtig sei, sei so beschieden worden: „Nein, das ist reine Routine.“ Das Fahrzeug stehe bei einem Abschleppunternehmen in Botnang: „Als ich dort war, durfte ich es nicht einmal anschauen. Es sei ein sichergestelltes Beweismittel. Er habe aber gesehen, dass es einen Heckschaden hat. Und nun fange die Geschichte „erst richtig an“, sagt Topcu, der sich inzwischen einen Anwalt genommen hatte.

Das Auto wurde wahrscheinlich als Fluchtfahrzeug genutzt

Michael Kappler, Fachanwalt aus Freudenstadt, erklärt seinem Mandanten, dass er das Auto gar nicht an sich nehmen dürfe, denn faktisch gehöre es der Versicherung. Die sei, so Topcu, zu ihm „nur noch pampig“ gewesen. Schließlich der Vorschlag: Aushändigung des Autos plus 1500 Euro Schadensausgleich. „Dafür hätte ich dann eine Abfindungserklärung unterschreiben müssen. Aber ich durfte das Auto nicht einmal anfassen, geschweige denn starten. Das habe ich abgelehnt“, berichtet Topcu. Darauf habe ihm die Versicherung bedeutet: „An Ihrer Stelle würden wir es annehmen. Dann würden wir alles gegen Sie vergessen.“ Da sei ihm kalt geworden, er habe sich wie ein Angeklagter gefühlt, nun aber betont, er werde Klage einreichen. Die Antwort der Versicherung: „Das können Sie ja versuchen. Das Signal von denen war klar: Wir sind die Stärkeren!“

Mit Hilfe seines Anwaltes durfte er das Auto dann besichtigen: „Es hatte einen Unfall und ist in einem erbärmlichen Zustand.“

Dann bekommt er mit, dass die Polizei „gegen mich recherchiert, unter anderem beim Vorbesitzer. Ich werde auf die Anklagebank geschoben, obwohl ich völlig unschuldig bin“, betont Topcu. „Man könnte verrückt werden“. Parallel erfährt sein in Cannstatt wohnender Bruder, der ihn in dem Nervenkrieg unterstützt, von der Polizei, dass das Auto „wahrscheinlich von einer Bande als bereitgestelltes Fluchtfahrzeug benutzt wurde, mit verdeckt an einem Reifen angebrachtem Schlüssel“.

Kurzum: „Die Umstände des Falles sind höchst kompliziert“, sagt der Anwalt. Er kenne noch gar nicht alle Einzelheiten, weil er noch keine Akteneinsicht erhalten habe: „Aber das ist normal, denn die polizeilichen Ermittlungen sind noch nicht abgeschlossen“. „Nachvollziehbar“ sei auch die Feststellung der Versicherung, dass sie nicht zahle, „weil die Umstände nicht hinreichend geklärt seien“. Etwa der Verdacht, „dass die Werkstatt in den Fall verwickelt ist. Aber das sind alles nur Mutmaßungen.“ Seine Position sei klar: „Das Auto ist weg, die Versicherung muss zahlen. Und selbst wenn hier noch nicht geklärte Dinge vorgefallen sind, heißt das noch lange nicht, dass mein Mandant daran beteiligt war. Ich gehe davon aus, dass ihm sein Geld zusteht.“ Gerichtstermin ist Mitte März. Fast auf den Tag genau ein Jahr nach dem Diebstahl.