Stefan Heilemann hat Spaß daran, Sehgewohnheiten zu brechen. Foto: Stefan Heilemann

Der Fotokünstler Stefan Heilemann aus dem Stuttgarter Westen spielt mit unserer Wahrnehmung. Seine Bildsprache überzeugte auch den Rammstein-Sänger Till Lindemann.

S-West - Die Szene wirkt bizarr: Eine rothaarige Schönheit mit Barett kniet hinter einem bärtigen Herrn, der dem Waldboden zu entwachsen scheint – umhüllt von einem Ameisenhügel, der Gewand und Kopfbedeckung der seltsamen Erscheinung bildet. Die Dame platziert Schilder mit Hinweispfeilen auf dem Haupt des Forst-Rasputins. Die Lichtung im Tann liegt eigentlich mitten im Stuttgarter Westen. Nur ein Hinterhof trennt die urbane Geschäftigkeit der Schlossstraße vom Reich des Fotokünstlers Stefan Heilemann – einem dezent verkruschtelten Büroraum. Hier bastelt der 42-Jährige an seinen Bildwelten. Oft folgen sie, wie im Falle der „Ameisenbehörde“ einer eigenen Logik, die an Traumgespinste erinnert.

Auf ein Bier im Quartier

„Ich träume eigentlich nicht“, sagt Heilemann nachdenklich. „Oder ich kann mich am nächsten Morgen nicht mehr daran erinnern. Ich habe einfach Spaß daran, Sehgewohnheiten zu brechen und durch Irritation Spannung zu erzeugen. Ab und an komme ich allerdings in einen traumähnlichen Zustand, wenn ich an einem Motiv arbeite. Ich vergesse dann alles um mich herum.“

Ein Eigenbrötler ist der gelernte Druckvorlagenhersteller, der lange in der Werbebranche tätig war, nicht. „Ich treffe mich gern mit anderen Leuten, gehe ins Schlesinger oder ins Goldmark’s oder hier im Quartier ein Bier trinken. Es gibt genug Möglichkeiten, die direkt um die Ecke liegen.“ Eine Zeitlang hat „Heile“ auch im Westen gewohnt. Inzwischen lebt er in Botnang. Gezeichnet hat der in Bietigheim geborene Künstler solang er zurückdenken kann. „Ich hatte auch schon früher etwas schrägere Ideen“, verrät er. „Vor einiger Zeit zeigte mir eine Freundin alte Zeichnungen, die ich ganz vergessen hatte. Da gab es schon Parallelen. Digitale Fotografie und Bearbeitung am Computer eröffneten für mich allerdings vollkommen neue Möglichkeiten, mich auszudrücken.“

Respektloser Schabernack

Seinen Lebensunterhalt bestreitet der Freiberufler heute vor allem mit der Gestaltung von Plattenhüllen und CD-Booklets. Prominentester Kunde bislang war Rammstein-Sänger Till Lindemann. Auf der Suche nach der visuellen Ausgestaltung seines Nebenprojekts Lindemann war er auf „Laugh, Cry And Scream“ gestoßen, einen 2011 erschienenen Band mit Bildern von Heilemann. Der hünenhafte Musiker war sofort begeistert gewesen. „Mit solchen Leuten zu arbeiten, macht natürlich wahnsinnig Spaß“, schwärmt „Heile“. „Manchmal steht bei Bandfotos oder Artworks der Broterwerb im Vordergrund, der notwendig ist, damit ich weiter an meinen eigenen Sachen arbeiten kann. In der Regel machen die Aufträge aber Spaß.“ Immer wieder baut der Meister des augenzwinkernd Makabren auch sich selbst in die Bilder ein. In „Keeper Of Chaos“ etwa treiben vier kleine Heilemännchen respektlos Schabernack. „Ich weiß einfach genau, welche Pose ich einnehmen muss, damit es so aussieht, wie ich es will“, erklärt der Schöpfer der unflätigen Gnome. „Also fotografiere ich mich selbst, statt das irgendjemandem zu erklären. Das spart Zeit.“ Eine gewisse Freude an der Selbstinszenierung kommt hinzu. Ein Egomane ist Stefan Heilemann nicht. „Ein Bild ist erst fertig, wenn es betrachtet wird – erst das, was jemand anders in meinem Werk erkennt, macht es komplett.